Montag, September 21, 2009

Wie weiter, ORF?

Seit Tagen geht meine Mailbox nahezu über von Aussendungen und Statements zur österreichischen Medienpolitik im Allgemeinen und speziell dem ORF. Grund ist die ORF-Enquete, die letzte Woche im Parlament über die Bühne ging. Einen ganzen Tag befasste sich das Parlament – zumindest einige Abgeordnete – mit dem Thema Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich. Dass es diese Enquete überhaupt gab, ist an sich schon als Fortschritt zu werten, beschränkt sich Medienpolitik in Österreich doch seit Jahrzehnten auf die Sicherung von Einflusszonen und das Zählen von Sendesekunden je Partei im ORF. Immerhin, diesmal – das fiel positiv auf – saßen Leute wie die Clubobleute Josef Cap und Karlheinz Kopf, aber auch eine Reihe anderer Abgeordneter (Amon, Vilimsky, Zinggl, Schennach, Jarmer) stundenlang interessiert im Publikum und hörten sich endlich mal an, was Medienschaffende (ob öffentlich-rechtlich oder privat, TV oder Print), Wissenschafter, Verbände und andere Experten zum Thema zu sagen hatten.
Mit ein paar Tagen Abstand schaffe ich es nun doch noch, ein paar Zeilen dazu zu schreiben:
Was gleich zu Beginn auffiel: wenig Interesse hatte das Parlament an der Meinung von Frauen. Eine einzige Referentin, Jane Vizard vom europäischen Dachverband öffentlich-rechtlicher Sender EBU, durfte das Wort ergreifen (nebenbei: es war die einzige, die – unübersetzt – nicht auf Deutsch referierte) und auch im Publikum (geladene Gäste konnten sich im Anschluss an die Referate zu Wort melden) waren Frauen eindeutig in der Minderheit. Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk in Österreich – eine reine Männersache? Hier wird es hoffentlich noch Gelegenheit geben, dieses Manko zumindest zu mindern, bevor ein neues ORF-Gesetz beschlossen wird.

Wohl zwangsläufig haben es Enqueten diesen Stils an sich, dass es keinen Raum für einen echten Diskurs gibt. Der Tag verging, indem alle ihre Positionen, die fast gänzlich vorher schon bekannt waren, noch einmal wiederholten. In diesem Umfeld versuchte ich in meinem Statement, wenigstens drei Prinzipien zu verankern, die (ich war der einzige eingeladene Vertreter der Werbebranche, die immerhin ein Drittel des ORF-Budgets beisteuert) aus Sicht der Branche unverzichtbar sind:

1) Der Werbemarkt braucht ein starkes (auch reichweitenstarkes) Leitmedium, in dieser Rolle ist der ORF (zumindest aus heutiger Sicht) von Privaten nicht zu ersetzen. Modelle eines gänzlich werbefreien Staatsfunks wie in Frankreich oder Spanien geplant, sind nicht auf Österreich und seinen kleinen Markt umzulegen und würden der Wirtschaft ernsthaft schaden. Auch ein Auftrag, nur solche Inhalte zu senden, die für Privat-TV (wirtschaftlich) nicht attraktiv genug wären, ist aus Sicht der Werbebranche für den ORF keine gangbare Lösung. Diesem Wunsch von VÖZ-Präsident und Styria-Boss Horst Pirker wird hoffentlich eine Absage erteilt.
2) Massive Einschränkungen der Werbemöglichkeiten im ORF würden zudem - so fürchten viele Agenturen - zu einem Abwandern von Werbekreation aus Österreich führen, was wiederum - angesichts der Vernetzung der Branche - die Kreativwirtschaft insgesamt empfindlich treffen würde. Es würde schwer - so sagten mir viele - Topleute im Land zu halten.
3) Mein drittes Anliegen fand leider nicht Eingang in die Kurzfassung der Parlamentskorrespondenz - und das werte ich als Zeichen, dass es umso nötiger ist, immer wieder drauf zurück zu kommen: Ich appellierte an alle Parteien, sich doch - bitte, bitte - an den Medienstrukturen des 21. Jahrhunderts und den Nutzungsgewohnheiten zu orientieren, die sich in den letzten Jahren massiv geändert haben (und noch weiter ändern werden), wenn sie in einem neuen ORF-Gesetz öffentlich-rechtliches Fernsehen (eben nicht nur!) neu regeln. Es sei wichtig, den ORF als Quelle für Information zu begreifen, die ihren Weg zum Publikum über verschiedene Kanäle findet. Die crossmedialen Möglichkeiten dürfe man ihm (und der Werbung) nicht nehmen. Die Regelungen für einen fairen Wettbewerb mit den Privaten (mein diesbezügliches Bekenntnis wurde in der Kurzfassung leider auch gekürzt) seien so zu definieren, dass sie in diese neue Medienwelt passen.

Das Österreich freilich völlig anders tickt, wenn es um Medienpolitk geht, zeigt die heutige Aussendung des Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreters Wilfried Haslauer. Er wünscht sich, dass "Salzburgs Naturlandschaften rund um die Uhr in die Wohnzimmer der Welt geliefert werden" müssen und forderte heute daher: "Wetterpanorama muss gesetzlich gesichert werden".
Von Internet hat Herr Haslauer wahrscheinlich noch nichts gehört. Und eigentlich sollte man so eine Äußerung einfach ignorieren oder nur drüber lachen. Das Drama ist jedoch, dass sich dieser doch etwas schräge Ansatz nur hinsichtlich des konkret gewünschten Sendeinhaltes, nicht aber vom grundsätzlichen Zugang her, nur marginal von dem unterscheidet, was ich von mancher vermeintlich berufeneren Seite im Parlament zu hören bekam.

Mehr regionale Möglichkeiten hab auch ich mir für die österreichische Werbebranche gewünscht. Wenn ich aber lese, was da alles gefordert wird, werde ich doch skeptisch. In einem Land, in dem führende Politiker Schiliftkameras per Gesetz auf Sendung zwingen wollen, wäre es wahrscheinlich besser gewesen, eine verpflichtende Quote für EU-Information einzufordern.

Sonntag, August 30, 2009

BlogDay

Gerald Bäck hat mich schon vor einigen Tagen auf den BlogDay aufmerksam gemacht und hat angekündigt, dass er dort meinen Blog empfehlen wird. Danke an der Stelle dafür, ich freu mich ehrlich.
Natürlich möchte ich selbst auch daran teil nehmen, einzig mit der Zeit ist es ein kleines Problem. Morgen, am BlogDay selbst, geht es sowieso nicht und auch sonst ist derzeit Zeit schon wieder mal ein knappes Gut.
In aller Kürze möchte ich dennoch 5 Blogs vorstellen, die ich lesenswert finde (und man wird mir verzeihen, dass ich das schon am Vorabend tue).

Georg Günsberg ist nicht nur ein langjähriger Freund, er bietet auf seinem Blog auch eine sehr lesenwerte Mischung aus (in der Regel) politischen Analysen mit oft ungewohnten Blicken auf vermeintlich Vertrautes und er hat außerdem einen ausgezeichneten Musikgeschmack, den er ab und zu ebenfalls thematisiert.

Mein zweiter Tipp weicht schon etwas von der Regel ab: es ist der Diversity Marketing Blog, ein Gruppen Blog, mit dem wir dem Thema Vielfalt im Marketing etwas auf die Sprünge helfen wollen, der jedoch unter der Überlastung der AutorInnen leidet, denn Beiträge sind derzeit selten. Wenn jemand diese Plattform fachlich ebenfalls nutzen möchte - wir sind gern bereit, uns zu verbreitern.

Das Thema "Goldrausch in Ghana" behandelt der Globalist-Blog der Presse. Thomas Seifert berichtete mit Brigitte Reisinger, der Siegerin der Presse-Aktion Reporter 09. Seit der eigentliche Reisebericht vorbei ist, nutzt Thomas den Blog immer wieder für Berichte von seinen Reisen, die er als Außenpolitik-Journalist für Die Presse unternimmt.

Erst kürzlich aufgefallen ist mir Matthias Pleye und da man beim BlogDay ja den Horizont ein wenig erweitern soll, ein Hinweis auf seinen Blog Gedankenpflug. Er bietet Geschichten aus Berlin sowie Aphorismen und kleine Weisheiten wie diese:
Goethe: „Wir sind naturforschend Pantheisten, dichtend Polytheisten, sittlich Monotheisten.” - Heute sind wir naturforschend Atheisten, dichtend Poptheisten und sittlich Polytheisten.

Und last but not least ein Twitter-Freak (damit ich ja die Grenzen sprenge): rupprECHT ist einer der aktivsten Kommunikatoren, die ich kenne. You may follow him.

BlogDay 2009

Samstag, August 29, 2009

Grenzen des Wachstums

Dennis Meadows - Autor von "Grenzen des Wachstums" 35 Jahre danach im Interview. Lesenswert.

Donnerstag, August 27, 2009

In letzter Zeit

Wien verdoppelt seine Förderaktion für den ARBO in Form der so genannten Verschrottungsprämie für Fahrräder. Außer, dass hier eine SPÖ-Vorfeldorganistion in Kontakt mit potentiellen neuen Mitgliedern kommt, dürfte die Wirkung der Aktion beschränkt bleiben. Auf den modal Split in Wien wird diese Aktion ebensowenig Einfluss haben wie auf die Verkehrssicherheit. Aber die Politik zum Thema Radfahren in der Stadt Wien war immer schon von schönen Worten und schwachen Taten geprägt, wie die historische Analyse zum Radwegenetz von Sándor Békési, Kurator im Wien Museum, zeigt.

...

Christoph Leitl will ein neues Konjunturpaket, für Bau und Gewerbe. Immerhin hat er ein wenig gelernt und will 300 Mio. Euro für thermische Sanierung. Eine späte Erkenntnis, diese Forderung haben wir schon Anfang der 90er-Jahre bei Global 2000 erhoben und damals schon durchgerechnet, welche volkswirtschaftlichen Vorteile dies bringen würde. Aber es wird wohl bei der Forderung bleiben, denn Wirtschaftsminister Mitterlehner hat dies reflexartig als Voodoo-Ökonomie abgelehnt. Hier menschelts wohl auch, konnte doch die frühere ewige Nummer zwei der Wirtschaftskammer dem ehemaligen Chef endlich mal zeigen, wo der Bartl den Most holt. Innovative Ansätze lassen indes beide vermissen.

...

Mit den ersten beiden Konjunkturpaketen hat ja Österreich im internationalen Vergleich "einen umfangreichen Konjunkturimpuls" (Wifo) gesetzt. Das Wifo hat nun eine Analyse vorgelegt, was damit bewirkt wurde. Mit Ausgaben von 3,5% des nominellen BIP 2008 konnte der Einbruch des BIP für 2009 und 2010 lt. Wifo um 2,1% gedämpft werden. Oder, in Arbeitsplätzen ausgedrückt: 41.000 Arbeitsplätze blieben erhalten, der Anstieg der Arbeitslosenrate würde auf 0,7% gedämpft. Umgerechnet bedeutet das (das ist jetzt aber eine Milchmädchenrechnung), dass jeder dieser Arbeitsplätze mit knapp 240.000,- Euro gestützt wurde. Abgesehen davon, dass ich mir effizientere Fördermaßnahmen vorstellen könnte, bleibt die Frage der Nachhaltigkeit. Der Anteil so genannte Zukunftsinvestitionen lag bei diesen Paketen nur bei 30 % (noch einmal Stichwort Verschrottungprämie), erläuterte Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller-Altzinger in Alpbach und bei der gleichen Veranstaltung meinte der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler, dass "die Bereitschaft, aus der aktuellen Krise substanziell zu lernen, kaum ausgeprägt ist." Ich habe dieser Analyse im Moment eigentlich nichts hinzuzufügen.

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Andreas Unterberger ist ein Journalist mit in der Regel so kruden rechts-außen Meinungen, dass man ihn eigentlich getrost links liegen lassen kann. Doch in seinem Tagebuch diese Woche, genauer am Dienstag, vertritt er mit seiner AlleinerzieherInnen-Phobie eine Ansicht, die offenkundig ÖVP-Haltung und in der Regierung mehrheitsfähig ist. Daher zerre ich ihn doch zur Abwechslung mal aus seinem Trotzwinkel: Er schreibt von den gefährlichen Alleinerzieherinnen (ER meint sicher nur Frauen) die nur behaupten müssten, ihr Partner wäre gefährlich und schon - schwuppdiwupp - völlig unberechtigt genausolang Kindergeld beziehen könnten wie Ehepaare.
Leider denkt so auch die gesamte ÖVP (Marek, entzaubert) und die SPÖ hat in Wahrheit auch nichts entgegen zu setzen.
Auf der Strecke bleiben nicht nur wieder einmal die "gefährlichen" Alleinerzieherinnen (sicher zu 100 Prozent böswillige Egoistinnen, nur auf ihren Vorteil bedacht) sondern auch die Kinder. Denn auf den - einzig logischen - Ansatz, dass "Kindergeld" in gleicher Höhe für jedes Kind (und nicht pro Kopf der Erziehungsberechtigten) bemessen werden sollte, scheint in diesem eigenartigen Land kaum jemand zu kommen.
Selbst die Grünen argumentieren nicht am Punkt. Daniela Musiol verlangt, dass "Alleinerziehenden jene Monate, die normalerweise dem Partner zustehen, ausbezahlt werden." Damit bleibt auch hier das Bild, als würden die Alleinerziehenden etwas verlangen, das ihnen eigentlich nicht zusteht. So wird man der VP nicht beikommen.
Dabei ist es so einfach: das Geld gehört den Kindern. Jedem einzelnen steht gleich viel zu. Die Eltern (ob Alleinerziehende oder Paare) sind nur die VerwalterInnen der Mittel. Ist das so schwer zu begreifen?

Donnerstag, August 20, 2009

Silvia blogt

Willkommen an Silvia Buschenreiter und ihren neuen Blog, heute mit einem lesenswerten Beitrag zum Thema 35-Studen Woche.

Mittwoch, August 12, 2009

Smalltalk

Erstes Sommergespräch des ORF mit Maria Vassilakou, befragt von Ingrid Thurnher und Erika Pluhar. Die Reaktionen auf Marias Pinnwand auf Facebook danach sind ausschliesslich positiv, von Robert Menasse bis Andreas Lindinger gratulieren viele zum "gelungenen und sympathischen Sommergespräch". Weniger positiv die Postings zum Artikel im Standard, doch das ist man auch schon gewohnt, die Artikel auf die die Standard-Community positiv reagiert sind ja doch eher selten.
Fairerweise muss ich gestehen, dass ich nur etwa die erste Hälfe gesehen habe, dann läutete mein Telefon und das restliche Gespräch lief dann nur noch als Hintergrundkulisse ab, inhaltlich konnte ich dem Geplauder nicht mehr folgen. Ich hatte auch noch keine Zeit, mir das Sommergespräch zum Nachschauen anzusehen.
Trotzdem fühle ich mich eher wie Gerald Bäck, der das Gespräch zum Gähnen fand. Wirklich Brisantes, Spannendes kam nicht zur Sprache, es ist Maria nicht wirklich gelungen, einen Punkt zu landen. Eher verwirrend finde ich die nun schon wiederholt getätigte Aussage, sie wolle die Grünen programmatisch "radikal" neu orientieren. Das Programm halte ich ja für das Beste an den Grünen und zu Recht hat Maria ja selbst darauf hingewiesen, dass die Grünen "seit 30 Jahren" die richtigen Forderungen vertreten. Ich sehe keine Notwendigkeit der Abkehr von Ökologie (denn bei den anderen Parteien klafft Rhetorik und Handeln weit auseinander, sh. z.B. zuletzt die Diskussion um Photovoltaik), Nachhaltigkeit, sozialem Ausgleich und Integrationsanspruch, halte die feste pro-demokratische scharfe Abgrenzung nach rechts für wichtig und richtig. In welche Richtung soll also die "radikale Neuorientierung" gehen? Mehr Wirtschaftskompetenz, ja. Das fehlt nach wie vor. Näher an die Bürger und - wie Maria selbst sagt - mehr Kooperation mit den "Kräften der Erneuerung". Eine offenere, weniger mit sich selbst als mit den Problemen der Menschen beschäftigte Partei - das alles. Aber "programmatische Neuorientierung"?
Dass es mit der Öffnung aber noch eher holprig geht, darauf weist Max Kossatz in seinem Blogeintrag hin. Hier, liebe Maria, liegt das Problem. Und an einer pointierten Vermittlung, authentisch und zeitnah, abgehandelt an aktuellen, für die Menschen interessanten Problemen und Anlässen. Nicht am Programm.
Schlusssatz in Richtung ORF: Eine schlecht vorbereitete Ingrid Thurnher und eine mit offener SP-Sympathie, dafür fachlich nicht fundiert plaudernde Erika Pluhar sind wohl auch nicht der Weisheit letzter Schluss, wie Politik im öffentlich-rechtlichen Fernsehen abgehandelt werden kann.

Donnerstag, August 06, 2009

Regierungswerbung


Aufreger des Tages ist die aktuelle Regierungskampagne, vor allem von SP-Ministern, die nun für Unmut bei der ÖVP sorgt. Eben hat mich die ZiB 2 angerufen, will noch ein Interview von mir.
Solch Ärger wäre vermeidbar. Schon öfter habe ich als Fachverbandsobmann eine Objektivierung der Vergabe von Regierungsetats gefordert. Wille ist - aus nahe liegenden Gründen - dazu aber keiner vorhanden. Weder bei der SPÖ noch bei der ÖVP.
Doch das wäre dringend nötig, denn schon wieder verwechselt die Bundesregierung Eigenlob mit dem, was Public Information eigentlich leisten sollte: Information über die für die Öffentlichkeit (und die Demokratie) wichtigen Belange. Unter diesen Vorzeichen: Schade ums Steuergeld.
Dabei bräuchte es mehr Information seitens der öffentlichen Hand. Dazu muss diese sowohl den Inhalt betreffend (Stichwort: Information statt Eigenlob) als auch hinsichtlich der Mediastrategie (Stichwort: Bevorzugung von einzelnen Medien und aus kommunikationsplanerischer Sicht nicht nachvollziehbare “Streupläne”) dem Zugriff von Parteistrategen entzogen und dem öffentlichen Interesse untergeordnet werden.
Themen bzw. Informationsdefizite gibt es viele: in Sachen EU ist Österreich - das kann man ruhig so sagen - durchaus unterbelichtet. Auch über gesellschaftliche Fragen wie Integration, Bildung oder Gleichberechtigung, natürlich wirtschaftspolitische Themen (Konsumentenschutz, Steuer, Arbeit) bis hin zu Themen des Lifestyles (gesunde Ernährung, Bewegung) gibt es eine ganze Reihe von Themenfeldern, wo der Staat in der Pflicht wäre, mehr als nur sporadische Alibikampagnen zu führen.

Gefordert sind daher:
- eine konsequente Meldepflichten für jeden Werbe- und PR-Euro aus Budgets der öffentlichen Hand,
- eine parlamentarische Kontrolle der Ausgaben,
- eine zwingend vorgeschriebene begleitende Beratung durch – parteiungebundene – WerbeexpertInnen (am besten schon bei der Definition der Kommunikationsaufgaben und –ziele) und damit auch
- eine transparente Ausschreibung und Vergabe der Kommunikationsetats.

Mittwoch, August 05, 2009

Zu wenig Energie


Ungefähr 1500 "Gewinner" wird die gestern veranstaltete Lotterie um Photovoltaik-Förderung in Österreich ausweisen. 7000 Antragsteller konnten trotz überlastetem Server Ihre Anträge einreichen, um einen Teil der 18 Mio. € Fördermittel für ihr Projekt zu ergattern. Im Vorjahr waren binnen 18 Minuten 9 Mio. auf 820 Projekte verteilt. Formal läuft die Antragsfrist ja noch bis November, de facto war das Fördervolumen binnen weniger Stunden ausgeschöpft. Genauer gesagt: es ist um 350 Prozent überzeichnet (sh. Grafik). In der Steiermark wurde sogar beinahe die neunfache Summe eingereicht, als letztlich bewilligt werden kann. Und in diesen Zahlen sind jene, die am überlasteten Server scheiterten und gar nicht dazu kamen, ihre Projekte zu platzieren, noch gar nicht eingerechnet.

Dies ist in mehrfacher Hinsicht ärgerlich:
Für die Projektbetreiber bedeutet die Vorgangsweise, dass sie das ganze Jahr über im Ungewissen sind, ob es ihnen gelingen wird, in dem wenige Stunden langen Zeitfenster ihr Projekt zu platzieren um es so mit Glück vielleicht realisieren zu können. So kann man vielleicht Tickets für eine Fußballmeisterschaft vergeben, nicht aber Fördermittel für Projekte, denen eine genaue Planung und Kalkulation zugrunde liegt. Nicht zuletzt wegen dieser unzumutbaren Bedingungen haben wir diese Vergabe auch seitens der Grünen Wirtschaft kritisiert. Ein Fördermodell über gestützte Einspeisetarife wäre allemal fairer.
Die bereit gestellten Mittel sind viel zu gering. Das zeigt nicht nur der Andrang – es könnten wesentlich mehr Projekte realisiert werden – sondern auch die im internationalen Vergleich lächerlich geringen Investitionen in Strom aus Photovoltaik in Österreich. Tschechien beispielsweise rechnet heuer mit der Neuinstallation von 100 MWp Leistung, Deutschland mit etwa 2000, in Österreich hofft man, heuer erstmals die 10 MWp-Grenze zu übertreffen. 2008 wurden Neuanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 3 MWp installiert, weniger als die Hälfte des Jahres 2003 und nur 1/50 des deutschen Zubaus – verglichen pro Kopf, wohlgemerkt.

Nicht viel anders sieht es bei Windenergie aus. "Dank" des Ökostromgesetzes von 2006 wurden im Jahr 2007 wurden nur zehn Windkraftanlagen mit insgesamt 19,5 MW und im Jahr 2008 lediglich sieben Anlagen mit insgesamt 14 MW errichtet. 2003 bis 2006 lag man bereits bei durchschnittlich 100 Anlagen mit 200 MW pro Jahr. "Mit der aktuellen Ausbaugeschwindigkeit benötigen wir 50 Jahre, um das Ökostromgesetz-Ziel von 700 MW Windkraft zu erreichen, das dort für 2015 vorgesehen ist. Die sieben Terawattstunden, die wir zur Erfüllung des EU-Zieles im Jahr 2020 brauchen, wären erst in 180 Jahren erreicht", kritisierte Mag. Stefan Hantsch, Geschäftsführer der IG Windkraft, bei der Präsentation der Jahresbilanz 2008.

Während in Deutschland der Markt für Erneuerbare Energien "täglich 80 neue Arbeitsplätze" schafft, steckt in Österreich noch immer viel zu wenig Energie in dem Thema. Es sind private Initiativen von engagierten UnternehmerInnen und von privaten Haushalten, die das Thema Erneuerbare Energie vorantreiben. Die Politik zaudert. Die zuständigen Minister Berlakovic und Mitterlehner haben mit der "Energeistrategie Österreich" Zielvorgaben gesetzt, die hinter den EU-Vorgaben zurückbleiben. Die Umweltorganisationen Greenpeace, WWF und Global 2000 protestierten. Bis Oktober, rechtzeitig vor der Klimakonferenz in Kopenhagen, sollen die Arbeitsgruppen konkrete Ergebnisse liefern. Derzeit lässt aber nichts darauf schliessen, dass seitens der Bundesregierung mehr Energie in eine Energiewende gesteckt würde. Wer weiß, vielleicht braucht es im Winter wieder verschlossene Gashähne in Rußland, um ein Umdenken zu bewirken, wenn schon Arbeitsplatzargumente, offensichtlich vorhandenes Engagement in Bevölkerung und Privatwirtschaft und international verpflichtende Klimaschutzziele nicht ausreichen, den Retro-Politikern in der Bundesregierung auf die Sprünge zu helfen.

Freitag, Juni 19, 2009

Lichtblick


Ein Lichtblick war gestern die Lichterkette vor dem Parlament, organisiert von den beiden Studentinnen Romy Grasgruber und Maria Sofaly, bei der sich 3500 Menschen (plus weitere 600 in Graz) einfanden, um gegen das zunehmend aggressive rechte Klima im Land einzutreten. Ebensee, Graf, eine immer größere Gleichgültigkeit gegenüber politischen Aussagen von ganz rechts außen, die früher - genauer gesagt: vor schwarz-blau - wohl noch zum Rücktritt der betreffenden PolitikerInnen geführt hätten. Seit aber Schüssel diese rechten Rülpser legitimiert hat, nur um dafür auf den Kanzlersessel klettern zu dürfen, gleitet das Land immer weiter ab.
Ich hoffe sehr, dass diese Demonstration gestern ein erster Schritt zurück in die politische Normalität war.
Dass Graf, Strache und Co sich davon beeindrucken lassen, ist ja nicht zu erwarten. Aber je mehr Menschen klar machen, dass ihnen Demokratie, Toleranz, Anstand wichtige Werte sind, die sie zu verteidigen bereit sind, umso eher ist Hoffnung gegeben, dass SPÖ und ÖVP mit ihrer Anbiederung an den rechten Rand aufhören und sich endlich wieder darauf besinnen, welche Werte eine demokratische Partei vertreten sollte.

Dienstag, Juni 16, 2009

Nagelprobe

An sich hatte ich nicht vor, schon so bald wieder über Parteiinterna zu posten, doch die Lektüre der Anträge für die Landesversammlung der Wiener Grünen am kommenden Sonntag treibt mich dazu. Diese Anträge übertreffen alles, was bisher über die Unfähigkeit der Wiener Grünen, mit der Initiative Grüne Vorwahlen umzugehen, geschrieben wurde. Und es wird auch klar, warum ein großer Teil von Anträgen auf den Tag danach verschoben wurde: Denn diese Landesversammlung wird entscheiden, ob die bisherigen Wahlrechte der UnterstützerInnen durch eine Statutenreform abgeschafft werden.

Der Antrag, eingebracht von der Bezirkekonferenz lautet, "UnterstützerInnen haben ... gleiche Rechte ... aber kein ... aktives Wahlrecht in Punkt 10.2.6 a,b,c,d,e,f,g,h,i,j,k,l,m,n,o,p,q."

Zu deutsch soll damit das Mitbestimmungsrecht für alle wählbaren Funktionen ausgesetzt werden, konkret wie schon bisher für:
a = Landesvorstand
b = Kooptierungen in den Landesvorstand
c = "Wahl der Mitglieder zur Kontrolle"
d = "Bestätigung der Kooptierung zur Kontrolle"
e = Landeskonferenz
f = Delegierte zur Bundeskonferenz
g = (Ersatz-)Delegierte für den erweiterten Bundesvorstand
i = GeschäftsführerIn
j = Misstrauensantrag gegen GeschäftsführerIn
Für diese parteiinternen Funktionen hatten UnterstützerInnen schon bisher kein Stimmrecht. Nun sollen folgende weitere Funktionen dazukommen:
k = Wahl der KandidatInnen zur Wiener Gemeinderatswahl
l = Bestätigung der vom Rathausklub vorgeschlagenen StadträtInnen (für den Fall einer Abweichung von der gewählten Liste)
m = Wahl der BundesrätInnen
n= Streichung von Personen von der Grundmandatsliste bei der Nationalratswahl bzw. Wiener Gemeinderats- und Landtagswahl
o = Bestätigung der von der Landeskonferenz vorgeschlagenen Grünen StadträtInnen
p = Wahl der Reststimmenliste für die Nationalratswahl
q = Wahl der Grundmandatsliste für die Nationalratswahl.

Und das war's dann auch, denn mehr wählbare Funktionen gibt es nicht.
Die wörtlichen Formulierungen für die Wahlrechte und die bisher noch gültigen Statuten findet man hier: Statuten Grüne Wien

Ein weiterer Antrag, eingebracht "mehrheitlich vom Landesvorstand" sieht vor, das aktive Wahlrecht der UnterstützerInnen auf Bezirkeebene abzuschaffen ("§ 5.7.3. streichen") und begründet dies damit, dass "auf Grund des plötzlichen sehr starken Anstiegs der Ansträge auf Aufnahme als UnterstützerIn [...] in manchen Bezirken die Situation eintreten [kann], dass gut organisierte Gruppen erheblichen Einfluss auf die Bezirkslistengestaltung nehmen. Da die Bezirksgruppen auf Grund ihrer relativ niedrigen Mitglieder- und AktivistInnenzahl für derartige Versuche in vollständig anderer Art und Weise anfällig sind als die Landesorganisation, ist gegen den Missbrauch des Statuts im Bereich der Bezirke Vorsorge zu treffen."

Ich habe es vor ein paar Tagen schon geschrieben: Eine Partei, die so agiert, will offensichtlich klein und unter sich bleiben. Mitsprache wird ganz offensichtlich nur so lange akzeptiert, solange sie keine Änderung bewirkt. Sollte jedoch durch eine Öffnung auch nur die leiseste Kurskorrektur nötig werden, schafft man lieber die Mitsprache ab.

Dass die KaderfunktionärInnen, die diese Anträge einbringen, die Chuzpe besitzen, den UnterstützerInnen einen "Missbrauch des Status" vorzuwerfen, ist aus meiner Sicht schon eine unglaubliche Frechheit. Denn wenn hier jemand Missbrauch betreibt, dann die derzeit in den Funktionen befindlichen Personen, die - um die eigene "Macht" abzusichern - alte Prinzipien der Grünen über Bord werfen, die Luken dicht machen und die Partei (oder was davon übrig bleibt) endgültig von ihren (potentiellen) WählerInnen abschotten.

Der kommende Sonntag ist die Nagelprobe für die Grünen in Wien. Sollten sich die Kader durchsetzen, hat sich die gesamte Initiative Grüne Vorwahlen erübrigt und die Kader können einen Sieg feiern. Denn es wird kaum mehr jemand Interesse haben, sie dann noch zu unterstützen. Dann dürfen sie in Zukunft getrost unter sich bleiben.

Freitag, Juni 12, 2009

Sicher - nicht so!


Die Schotter-Mitzi im Innenministerium will Österreich also zum sichersten Land der Welt machen. Dabei setzt sie auf eine Verschärfung im Asylrecht, um - wie die Presse schreibt - Asylmissbrauch zu verhindern.
Dass hier der Eindruck erweckt wird, Asylmissbrauch sei ein schwerwiegendes Verbrechen das die Sicherheit im Land gefährdet, fällt in der Diskussion kaum mehr auf. Österreich hat sich schon daran gewohnt, nur noch die - verfassungswidrigen - Details dieser Unmenschlichkeiten zu diskutieren. Daher eine grundsätzliche Anmerkung: Was hier de facto praktiziert wird, ist nicht "Härte gegen Asylmissbrauch", sondern "Härte gegen Asylwerber". Denn auf einen allfälligen Nachweis eines Missbrauchs will man ja gar nicht mehr warten. Getroffen werden davon in erster Linie nicht "Verbrecher", sondern Menschen, die ohnehin schon in großer Not sind.

Die Partei der Innenministerin ist nicht - wie EU-Spitzenkandidat Strasser jüngst im TV mit sauertöpfischer Miene meinte - ein Bollwerk gegen rechts, sondern jene Kraft, die all ihre Legitimation dafür einsetzt, rechte und menschenverachtende Politik - auch außerhalb der Verfassung - im Land zu legitimieren und vielfach auch durchzusetzen. Auch unter dem pseudoliberalen Obmann Pröll schiebt sie den legendären Verfassungsbogen immer weiter weg von der Mitte, in Bereiche, die in einer Demokratie nicht mehr akzeptabel sein sollten.

Die geplante Lichterkette rund um das Parlament am 18. Juni um 19h sollte sich daher nicht gegen den 3. Parlamentspräsidenten Graf wenden (der kapiert es sowieso nie), sondern in erstre Linie gegen die Partei, die ihn (neben der SPÖ auch) erst ermöglicht hat, ihn immer noch stützt und eine Politik betreibt, die genauso skandalös ist: die ÖVP. Bitte hingehen.

Donnerstag, Juni 11, 2009

Zu viel Unterstützung?

Es ist zum Haare raufen. Da gibt es eigentlich erstmals seit der "Wende" (schwarz-blau) wieder einen wahren Run zu den Grünen und dann schmeißt man den Leuten die Tür vor der Nase zu. Der Umgang des Wiener Landesvorstandes mit den UnterstützerInnen aus der Initiative Grüne Vorwahlen ist in mehrfacher Hinsicht problematisch:

Erstens - das ist fast noch das geringste Problem – wurde entsetzlich schlecht kommuniziert. Wenn der Landesvorstand und die traditionellen FunktionärInnen schon verschreckt sind, weil plötzlich so viele mitreden wollen, sollten sie wenigstens positiv-offensiv auf diese Menschen zugehen, sagen: "Hallo, fein, dass ihr da seid. Versteht bitte, dass wir mit einer Pauschalaufnahme von hunderten Neuen ein bisserl ein Problem haben. Aber wir finden die Idee super und lasst uns doch gemeinsam überlegen, wie wir sie bestmöglich umsetzen." Der Zusatzvorteil wäre: Dabei lernt man einander auch gleich besser kennen.
Aber nein. Statt dessen hieß es für die VorwählerInnen: Warten ohne Antwort, während man intern (geheim) über Statutenauslegung diskutierte. Heute gab es dann für etliche InteressentInnen eine Absage nach Kriterien, die nur für die verständlich sind, die diese Statuteninterpretationen frisch erfunden haben.

Zweitens, das geht klar aus der Begründung hervor, bleiben die Grünen – zumindest unter der derzeitigen "Führung" – lieber eine kleine Partei. Wenn es – wie Landesgeschäftsführer Robert Korbei sagt – zu einem "Hauptproblem" wird, dass das Statut "die Teilhabe betont", ist damit endgültig offenbar, dass hier ein unseliger Geist herrscht. Die schlechte Kommunikation war also keine Panne, sondern eigentlich logisch, systemimmanent. Es gibt offensichtlich gar kein echtes Interesse, neue und möglicherweise anders (frischer) Denkende "rein" zu holen. Die könnten wohl zu viel durcheinander bringen.
Genommen werden nun offenbar nur jene, wo man schon bestehende Bezugspunkte festmachen kann. Wer niemand kennt, keine vorzeigbare Vita zu "grünen Themen" vorweisen kann, muss draußen bleiben.
Hätte nur noch gefehlt, dass man einen grünen Sammelpass verlangt, in dem man jede Demo-Teilnahme von der zuständigen Bezirksgruppe abstempeln lassen kann wie ein Bergwanderer seine Gipfelsiege beim Alpenverein.

Drittens haben die Wiener Grünen – bzw. jene, die sich mit ihrer Ansicht durchgesetzten – haben schlicht das Potential, das in dieser Aktion steckt, nicht einmal im Ansatz verstanden. Sie stehen sich mit ihrer Innensicht selbst im Weg. Vorstandsmitglied Markus Rathmayer sprach in einer Podiumsdiskussion von den notwendigen Grenzen nach Außen, von der Wichtigkeit eines "Wir-Gefühls" in der Funktionärsschicht. Damit beschreibt er die aktuelle Realität. Wenn Grüne unter sich sind, reden sie von einem "Wir" - das sind die KollegInnen im Klub, in der Partei - und den "Menschen draußen", denen man "grüne Themen und Positionen noch besser erklären" müsse. Doch "die da draußen" verstehen sie schon lange nicht mehr.
Themen sind Themen, weil sie den Menschen unter den Nägeln brennen und nicht weil grüne FunktionärInnen sie für wichtig erklären. Und wenn David Ellensohn verlangt, die VorwählerInnen sollten doch erst mal dort mitmachen, wo er es wichtig findet – bei den Antifa-Demos, den Menschenketten – statt "nur über Politik zu reden" (zu bloggen?), klingt er - tut mir leid David - einfach wie der letzte Apparatschik aus dem vorigen Jahrhundert, jedenfalls nicht wie ein Politiker, der verstanden hat, worum es geht. Nämlich nicht "nur um Sex, Geld und Macht", wie David meint, sondern um moderne, zeitgemäße Teilhabe an politischen Prozesse, um Transparenz und um eine Weiterentwicklung der demokratischen Strukturen.

Unterm Strich bleibt der Eindruck, dass diese derzeitige Wiener Grüne Partei ein Grüppchen von Menschen ist, das sich ängstlich an seine (kitzekleine) Macht klammert. Das mit Verfahrenstricks, die nicht durch Statuten gedeckt sind, interessierte und aktive Menschen außen vor hält um für sich das alleinige Recht zur Interpretation in Anspruch zu nehmen, was "richtige" grüne Politik sei.
Diese Darstellung tut vielen Menschen Unrecht, die sich bei den Grünen engagieren. Das weiß ich. Doch wenn diese nicht lauter ihre Meinung sagen als bisher, ist die Gefahr gegeben, dass sich die Kräfte bei den Grünen durchsetzen, die diese politische Bewegung zu einer dogmatischen Kaderpartei machen wollen.

PS: Ein Gutes hat die Sache doch. Ich hab endlich wieder meinen vernachlässigten Blog aktiviert.

Freitag, April 17, 2009

Grüne Vorwahlen


Eine spannende Initiative versucht, den Prozess der Listenerstellung für die Wiener Gemeinderatswahl bei den Grünen transparenter und demokratischer zu machen. Lesenswert dazu ist auch der Kommentar von Volker Plass im Standard.
Ich bin gespannt auf den Erfolg.

Kraftlos und daneben

Mindestens zweimal ärgern ist derzeit angesagt, wenn man Österreichs aktueller Bundesregierung bei der Arbeit zuschaut. Und das obwohl ich dabei die leidige Schuldebatte, die in ihrer gesamten Ausrichtung an den Erfordernissen vorbei führt, außer Acht lasse.

Zum ersten gibt es wieder einmal eine kraftlose „Energiestrategie Österreich“, zu der sich heute gleich zwei Minister – Mitterlehner und Berlakovich – vor die Presse setzten. Dort erklärten sie dann, dass sie in Wahrheit keinen Plan haben: "Die Energiestrategie Österreich soll nicht verordnet werden, sondern als Prozess in den nächsten Monaten erarbeitet werden. Dazu wurde von beiden Ministerien das Beratungsunternehmen brainbows mit der Koordination beauftragt.“ Schön für Monika Langthaler und Christian Nohel, die mit ihrer Beraterfirma gute Arbeit leisten. Doch allein die Tatsache, dass zwei Ministerien gemeinsam eine Pressekonferenz einberufen um zu erklären, dass sie einen Beratungsauftrag zu einem Thema vergeben haben, bei dem wir schon seit Jahren in der Umsetzung sein sollten, ist absolut niederschmetternd.



Der Aufreger der Woche ist jedoch Paul Krugmann und seine Einschätzung des Risikos der Ostkredite österreichischer Banken für die Staatsfinanzen. Innerhalb kürzester Zeit rückte alles aus, was in Österreich Rang und Namen hat, um die Situation schönzureden, vom Notenbankchef Ewald Nowotny angefangen über Gewerkschafter bis hin zum WKO-Präsidenten Christioph Leitl – alle sind sich einig, dass Krugman völlig falsch liegt. Blöd nur, dass dabei auch dementiert wurde, was Krugman nicht gesagt hat, nämlich ein drohender Staatsbankrott. Er hatte ja nur von einem wahrscheinlich notwendigem weiteren Bankenhilfspaket gesprochen und dass das für Österreich allein wahrscheinlich eine zu große Last sei.

Völlig kontraproduktiv ist die beleidigte Reaktion von Finanzminister Pröll, der das Thema durch seine schlecht vorbereitete und dilettantisch kommunizierte Osteuropa-Tour im Februar höchstpersönlich auf die internationale Agenda gesetzt hat. Er warf Krugman postwendend Inkompetenz und Neid unterstellte. (WKO-Präsident Leitl hat diese Argumentation dann auch gleich übernommen.) Fehlt nur noch, dass man sagt, Krugman wolle Österreichs Wirtschaft schaden, weil er an der amerikanischen Ostküste zu Hause sei.
Eric Frey im Standard ist einer der wenigen in Österreich, der bei diesem Thema nüchtern blieb und sich die Sicht auf die Fakten nicht von gekränkten Nationalstolz verstellen ließ.

Donnerstag, März 12, 2009

Diversity Marketing


Seit gestern offiziell Online ist der neue Diversity Marketing Blog. Damit wollen wir eine Plattform schaffen für Informationen und Diskusstionen über dieses Thema. Entsprechend der sechs Dimensionen, die auch im Diversity Management thematisiert werden (Ethnische Herkunft, Religion, Geschlecht, Sexuelle Orientierung, Besondere Bedürfnisse/Behinderungen sowie Alter), geht es beim Diversity Marketing darum, diese Zielgruppen entsprechend ihrer Lebenssituation, Werte, Erwartungen, ihres Glaubens und ihres Lebensstils zu erreichen und dafür geeignete Kommunikationskanäle zu nutzen. Im Blog sammeln wir Daten und Fakten, Fallbeispiele aber auch Meinungen. Ich bin zutiefst überzeugt, dass es sich bei Diversity Marketing um kein Minderheitenthema handelt, sondern dass aus diesem Bereich zahlreiche Innovationsimpulse auch für traditionelles Mainstream-Marketing kommen werden. Denn eines war immer schon klar: Vielfalt fördert Kreativität.

Crash! Boom! Bang!

Der deutsche Umweltbericht 2009 untersucht erstmals die Bedeutung der Umweltbranche für die Wirtschaft. Das erfreuliche Ergebnis: 1,8 Millionen Menschen sind in der Branche beschäftigt und anders als traditionelle Branchen sind Wasserwirtschaft, Energieeffizienz, Recyclingtechnik und Co nach wie vor ein Wachstumsmarkt. Bis 2020 soll sich der Umsatz verdoppeln. Ekkehard Schulz, Chef von ThyssenKrupp, berichtet das SZ-Magazin, erwartet, dass die Umwelttechnologie »bis zum Jahr 2020 die Automobilbranche als Leitindustrie ablösen« könne und der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, sagte kürzlich: »Generell ist Klimaschutz für die gesamte hiesige Industrie eine Riesenchance, weil wir mit unserem weltweit führenden Know-how beste Exportchancen haben.«

Grundlage für die heutigen Erfolge der Industrie waren grüne Forderungen und Gesetzesanträge. In den 80ern wurde heftig gestritten um Fragen wie Waschmittelgesetz (wegen der Schaumkronen auf deutschen - und österreichischen) Flüssen oder die Entschwefelung von Industrieabgasen (wegen des sauren Regens und dem Waldsterben). Auch diese Aspekte werden in der Geschichte des SZ-Magazins gut beleuchtet. Lesenswert. Einst als unzumutbar verdammt, ist es grüne Politik, die heute den einzigen Weg aus der Wirtschaftskrise eröffnet hat.

Sonntag, Februar 22, 2009

Bad Bank - Good Bank

Kanzlerin Merkel nutzt die eher zurückhaltende Performance der tschechischen Ratspräsidentschaft und hat heute die Spitzen der EU zum Vorbereitungsgipfel für das G20-Treffen (2. April, London) nach Berlin geladen. In London wollen die Staatschefs die "totale Kontrolle der Finanzmärkte" durchsetzen. Nächste Woche wollen Merkel, Sarkozy, Brown und Co in Brüssel die EU-27 von ihrer Idee überzeugen.
Man muss kein Schwarzseher sein, um sofort zu überlegen, wo denn der Kuhhandel versteckt sein wird, sollte diese - an sich ohnehin dringend notwendige - Maßnahme kommen. Und ein Gedanke liegt nahe, die "Bad Bank". Es wäre keine Überraschung, würde die Politik mit den großen Finanzinsitutionen eine weitergehende Kontrolle gegen die Übernahme der faulen Kredite durch den Staat (bzw. multinationale staatliche Insitutionen), also durch die Steuerzahler abtauschen. Nahezu im Stundentakt werden dazu von Finanzlobbyisten Konzepte vorgelegt und Forderungen aufgestellt. Wer aktuell in Google-News den Begriff "Bad Bank" eingibt, hat zu tun, bis er all die Interviews, Konzeptpräsentationen und Kommentare zu dem Thema gesichtet hat.

Es ginge auch anders. Kurt Bayer, Executivdirektor der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung plädiert in seinem Kommentar im Falter 8/09 für eine "Good Bank" und beruft sich dabei auf eine Reihe namhafter Ökonomen, die das selbe wollen. Statt der schlechten, solle der Staat die "guten" Vermögenswerte von den in die Krise geratenen Banken abkaufen. Die Banken würden dabei ihre Banklizenz verlieren und hätten als einzige Aufgabe nur noch die Abwicklung der schlechten Werte. Vorteil: niedrigere Kosten und eine raschere Wiederaufnahme des Kreditgeschäftes. Denn anders als bezweckt, seien bisherige Hilfpakete von den Banken nicht für neues Kreditgeschäft genutzt worden, sondern dafür, die eigenen Bilanzen aufzubessern. Der Staat dagegen könne rasch die Wiederaufnahme eines funktionierenden Kreditmarktes sicher stellen und dann die "gute Bank" nach Bewältigung der Krise wieder privatisieren.

Freilich, die Vorgangsweise "Good Bank" sei "ein Systembruch", meint Bayer. Denn die Folgen der Krise, des "exzessiven Verhaltens der Manager" würde nicht auf die Steuerzahler abgewälzt, sondern auf die Eigentümer der alten Banken. Die werden sich natürlich wehren.

Trotz des heute in Berlin zur Schau gestellten Selbstbewusstseins ist daher damit zu rechnen, dass die "Good Bank" Theorie bleibt, die Steuerzahler aber für eine "Bad Bank" erneut zur Kasse gebeten werden.

Solarenergie - aber richtig

Schön langsam kommt auch bei traditionellen Energieunternehmen etwas Schwung in das Thema Solarenergie und E-Mobilität. Ob sie es ganz verstanden haben, ist aber noch nicht sicher. Dazu hab ich am ÖkoEnergie-Blog einen Beitrag verfasst.

Freitag, Februar 06, 2009

Von 0 auf 100 in 4 Sekunden - ohne Abgase

Am Montag, den 16.2. kann man in Wien das schnellste Elektroauto der Welt begutachten. Treffpunkt ist um 14.45h beim SAS Palais Hotel. Als Testfahrer hat Ökonews, Österreichs größte Onlinezeitung für erneuerbare Energie und Nachhaltigkeit, die den Event organisiert, Umweltminister Berlakovich verpflichtet.
Der Tesla Roadster beschleunigt von 0 auf 100 km/h in 4 Sekunden und hat dabei eine Reichweite von immerhin schon 400 km.



Aus dem bekannten Autoland Schweiz ;-) kommt ein anderes spannendes Gefährt, der Mindset, der ab 2010 regulär im Handel erhältlich sein soll. Mitte Jänner hatte das Coupée Berlin-Premiere. Mit einer Spitzengeschwindigkeit von 140 km/h liegt die Reichweite derzeit bei 100 bis 200 km, je nach Fahrstil. Akku-Ladezeit 3 Stunden, möglich bei jeder Steckdose. Erhältlich soll der Mindset auch als Hybridfahrzeug sein, dann steigt die Reichweite auf 800 km bei einem CO2-Ausstoß von 79 g/km.

Noch nicht ganz so beeindruckend sind die Werte des Piaggio Elektro Porter, des Kleinlieferwagens von Piaggo, dessen Vorläufer immerhin schon seit 1995 am Markt waren, der aber bei 75 km Reichweite und 8 Stunden Ladezeit (bei externem Ladegerät 2 Stunden) derzeit wohl nur für den unmittelbaren Nahverkehr einsetzbar ist. Aber auch hier ist bald mit signifikaten Verbesserungen zu rechnen.

Was jetzt noch fehlt ist ein dichtes Netz von Stromtankstellen. Das wäre ja leicht umzusetzen. Dazu müssten nur die verschlafenen Retropolitiker Österreichs mal aufwachen und die richtigen Weichen stellen (statt Geld für Verschrottungsprämien auszugeben). Aber das hat Christoph Chorherr ja bereits letztes Jahr in seinem Blog gefordert.

Donnerstag, Februar 05, 2009

ÖGB für Pfusch?

Der ÖGB sucht via Wettbewerb eine gute Idee für einen 30 Sekunden Werbespot, „Stichworte reichen aus“ meint man in den Ausschreibungsunterlagen. Seitens des CCA kam prompt die Reaktion in Form eines offenen Briefes. Ein schlechter Scherz sei diese Angelegenheit, so CCA-Präsident Eduard Böhler. Völlig zu Recht merkt Böhler an, dass „Unternehmenskommunikation eine wichtige, strategisch anzulegende Aufgabe ist, die in die Hände von Profis gehört.“ Der ÖGB verteidigt sich, indem er drauf verweist, dass „mit der Umsetzung selbstverständlich Profis beauftragt“ werden.

Abgesehen davon, dass man nicht weiß, welche Profis welcher Profession (Filmproduzenten, Kameraleute, Werbeberater?) hier „mit der Umsetzung beauftragt“ werden und in welchem Bereich ihre Aufgaben liegen – der ÖGB macht mit diesem Wettbewerb auch in eigenem Interesse einen Fehler. Man lässt eine Vielzahl (?) von Menschen an Ideen arbeiten, wobei von vornherein klar ist, dass alle bis auf eine/n die Arbeit umsonst gemacht haben werden. Der oder die „glückliche“ Sieger/in soll dann mit einem Preis von 1000,- Euro abgespeist werden.

Werbung funktioniert aber anders. Mit einer isolierten Idee aus dem Nichts – die Ausschreibung des Wettbewerbes ist meilenweit von einem ordentlichen Werbebriefing entfernt – ist noch gar nichts gewonnen. Eine gute Idee jedoch in ein gutes Konzept eingebettet und professionell umgesetzt bringt ein Unternehmen oder eine Organisation nach vorn. Doch die ist dann auch wesentlich mehr wert, als die vom ÖGB gestifteten 1000,- Euro.

Für gute Kommunikation braucht es aber eine völlig andere Vorgangsweise als die vom ÖGB gewählte. Statt auf billige Zufallstreffer zu hoffen (und alle anderen damit ohnehin zu enttäuschen), sollte man besser genauer überlegen, was man eigentlich wem mit welchem Ziel kommunizieren will – und dann auf professionelle Art einen geeigneten Partner zur Umsetzung suchen. Der Fachverband Werbung und Marktkommunikation kann hier dem ÖGB gerne beratend zur Seite stehen.

Selbstverständlich ist es eine legitime und oft geübte Praxis, im Rahmen einer Kampagne bzw. langfristig geplanter Kommunikationsmaßnahmen auch Kreativitätswettbewerb durchzuführen. Der „unverbrauchte Blick“ von kreativen Dilettanten (im besten Wortsinn) kann erfrischend sein und wird gerade in Zeiten von Web 2.0 wohl von niemandem ernsthaft in Abrede gestellt werden können. Man sollte aber nicht – wie vom ÖGB in der Ausschreibung geschehen – dabei ein fertiges Werk („Storyboard, Drehbuch“) für einen in Relation dazu lächerlichen Preis ausloben und zugleich zusagen, dass das Siegerwerk dann auch verfilmt wird. Die in den Teilnahmebedingungen geforderte pauschale Abtretung (ohne dass der Verwendungszweck definiert ist) aller Rechte ist ein Verstoß gegen die guten Sitten und urheberrechtlich zudem nicht haltbar sowie lauterkeitsrechtlich problematisch. Gerade eine Interessensvertretung wie der ÖGB sollte hier mehr juridisches Feingefühl an den Tag legen.

Seitens des Fachverbandes kann jedenfalls von einer Teilnahme an diesem Wettbewerb nur abgeraten werden. Wer trotzdem dem ÖGB seine Ideen senden möchte, sollte zumindest die pauschale Rechteabtretung definitiv ausschließen und den betreffenden Passus durchstreichen.

Der Vorwurf „Pfusch“ mag vielleicht ein wenig zu weit gefasst sein. Doch was der ÖGB mit diesem Wettbewerb im Schilde führt, ist nichts anderes als billiger Ideenklau.

Montag, Februar 02, 2009

Chart Music

Johannes Kreidler, in Berlin lebender Komponist, hat Aktienkrise und andere aktuelle, quantitativ messbare politische Themen, in Musik umgesetzt. Beeindruckend. Mit ein paar Takten Musik bringt schafft er eine nachdrücklichere Wirkung als manch anderer Kommentator mit langen Analysen.


PS: Danke an rupprECHT für den Tipp.

Sonntag, Februar 01, 2009

Europa wählen

Michi Sburny, Geschäftsführerin der Grünen, fordert Johannes Voggenhuber und seine Unterstützer auf, das Ergebnis der Listenerstellung für die Wahlen zum Europaparlament zu respektieren. Ich selbst konnte mir in pareiinternen Diskussionen schon anhören, ich wäre (mit) schuld an der "Unruhe", weil ich öffentlich (und sei es auch nur in bescheidenem Rahmen) Kritik an der Entscheidung des EBV äußerte.
Nun, dann lege ich eben noch eines drauf.
Vorab, damit keine Mißverständnisse aufkommen: natürlich ist das Ergebnis zu respektieren, die Liste steht. Selbstverständlich war die Entscheidung - sowohl im Bundeskongress als auch im erweiterten Bundesvorstand - demokratisch. Trotzdem war sie nicht richtig. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Wer nun "Unruhe" diagnostiziert, muss sich schon auch bewußt sein, dass die von jenen zu verantworten ist, die die Entscheidung getroffen haben und nicht von deren KritikerInnen. Zumal es absehbar war, dass die Entscheidung, Voggenhuber nicht auf die Liste zu nehmen, heftige Kritik auslösen würde.
Letztlich hat der EBV auch der Spitzenkandidatin großen Schaden zugefügt. Statt Schwung aus internem Wettbewerb für einen erfolgreichen Wahlkampf zu nutzen, hat man sich entschieden einen unbequemen Mitbewerber auszuschalten. Ein Bärendienst für Ulrike Lunacek. Eine Spitzenkandidatin, der für den Wahlkampf der gesamte Parteiapparat und alles Wahlkampfbudget zur Verfügung steht, die aber trotzdem vor einem Vorzugsstimmenwahlkampf eines Einzelnen bewahrt werden muss, der diese Budgetmittel und diese organisatorische Unterstützung nicht hat, das bedeutet implizit auch: Man hat eine Person an die Spitze gewählt, der es an Überzeugungskraft fehlt.
Wenn man argumentiert, es gäbe keine Vertrauensbasis zu einem Politiker, der diese Partei mit gegründet hat, Jahrzehnte in exponierten Positionen für diese Partei gearbeitet hat und in all dieser Zeit vor allem eines NICHT geändert hat: seinen widerborstigen Charakter und seine Lust, auch die eigene Partei zu kritisieren, dann sagt man damit unwillkürlich auch sehr viel darüber, wie man sich selbst geändert hat. Nämlich hin zu einer geringeren Toleranzbereitschaft und zu einer engeren Definition dessen, was man bereit ist als "grün" zu akzeptieren. Nur: mit so einer Strategie spricht man naturgemäß auch weniger WählerInnen an.
Und wenn man glaubt, jetzt mit Appellen zur Einheit und "Schluss der Diskussion" darauf spekulieren zu können, dass "die Menschen draußen" diese Diskussion in zwei Wochen wieder vergessen haben werden, hat man nicht erkannt, dass dieser Konflikt nur ein Symptom für wesentlich tiefer gehende Probleme ist.
Günter Strobl spricht in seinem Blog zwei dieser Probleme an: Mangelnde Vernetzheit (ich würde sagen: Überbewertung der Innensicht und mangelnde Kommunikation mit Nicht-ParteifunktionärInnen) sowie Mängel im strategischen Denken. Dem würde ich noch eine dritte parteiintern vorherrschende Fehleinschätzung hinzufügen: die über die wahlentscheidende Wirkung von (grünen) Themen. Was offenbar nicht erkannt wurde und wird, ist dass Politik (auch) in sehr hohem Maße Emotion ist. Themen sind selbstverständlich wichtig und sie müssen authentisch vertreten werden. Keine Frage. Doch genauso wichtig wie grüne Positionen sind die Menschen, die Wählerinnen und Wähler. Sie ernst zu nehmen und nicht dies nicht nur durch mehr oder minder theoretische Positionen auszudrücken sondern auch durch offene Kommunikation, ist essenziell. Besonders im direkten Kontakt aber auch im Umgang untereinander auf der politischen Bühne. Im Konflikt rund um Johannes Voggenhuber hat alles mögliche eine Rolle gespielt und wurden viele Argumente ins Treffen geführt; alle jedoch abgeleitet aus der partei- und gremialinternen Gruppendynamik. Frage: was sollen sich unsere WählerInnen dabei denken? (Anm.: Auch inhaltliche Positionen spielten in Wahrheit keine Rolle, insofern ist meine Argumentation hier nicht ganz schlüssig bzw. der "Fall" Voggenhuber allein nicht ausreichend typisch.)
Wie soll es nun also weiter gehen?
Hinsichtlich seiner Wahlentscheidung sollte man sich nicht von den persönlichen Beziehungskisten anstecken lassen. Es geht um eine Wahl für das Europaparlament, nicht um eine Abrechnung oder Sympathiebekundung mit oder für einzelne grüne PolitikerInnen. Ulrike Lunacek und Eva Lichtenberger haben nun einige Monate Zeit, ihre Vorhaben und Positionen zu Europa klar zu machen. Aus Trotz seine Stimme zu verweigern oder einer anderen Partei zu geben, kann sich rächen wenn es dann - die Mehrheitsverhältnisse im EU-Parlament könnten knapp werden - darum geht, ob sich das EP für oder gegen Atomenergie ausspricht, positiv oder negativ zur Erweiterung stellt oder - das war ja Johannes Voggenhubers Hauptthema - die EU insgesamt demokratischer wird oder nicht. Lunacek und Lichtenberger müssen sich bemühen, die Wählerinnen Johannes Voggenhubers mit Herz und Hirn für sich einzunehmen und zu überzeugen. Um das Wahlergebnis von 2004 zu erreichen, werden sie viel Einsatz und Geschick brauchen.
Die Grüne Partei als Ganzes sollte aber nicht zur Tagesordnung übergehen, sondern sich ernsthaft fragen, welche strukturellen und personellen Konzepte sie in der Zukunft noch erfolgreich machen können.

Samstag, Jänner 31, 2009

Fehlentscheidung

Eine völlig unverständliche Fehlentscheidung haben die Grünen gestern getroffen, indem sie Johannes Voggenhuber nicht auf die Liste zur Europawahl nahmen. War noch einigermaßen verständlich, dass er sich nicht im Rennen um den ersten Listenplatz durchgesetzt hat - innerparteilich schwierig wie er ist - hat die gestrige Entscheidung, ihm überhaupt keinen Listenplatz anzubieten, mit politischem Verstand nichts mehr zu tun. Und schlimmer noch: damit sind die Grünen auf dem direkten Weg ins die poltische Bedeutungslosigkeit. Wenn es nicht gelingt, eine Persönlichkeit wie Johannes Voggenhuber einzubinden, wie soll es dann um die Politikfähigkeit gegenüber dem politischen Mitbewerb aussehen? Politik nur mit Menschen, mit denen man harmonisch in voller Eintracht agieren kann? Das kann ja wohl nicht ernst gemeint sein.
Es hat - auch von mir - genügend Stimmen gegeben, die vor dieser EBV-Sitzung für eine vernünftige Entscheidung appelliert haben. Aber der EBV (Erweiterte Bundesvorstand) hat diese Stimmen alle ignoriert.
Ehrlich: ich bin sehr sauer auf diese, meine Partei.

Dienstag, Jänner 27, 2009

Globale Finanzausrede

Nach mehreren Wochen Blogger-Pause hat mir die ZiB soeben den Anlass geliefert, endlich wieder mal auch hier aktiv zu werden. Die Krise erfordere – so sinngemäß Kanzler und Vizekanzler – nun auch ein Eingreifen in den Volkswirtschaften Zentral- und Osteuropas. Österreichs Banken seien ja der größte Kreditgeber in diesen Ländern und bei vielen Krediten könne man nun nicht sicher sein, dass die Gelder zurückgezahlt werden könnten. Es geht um 230 Milliarden Euro, 70 % des österreichischen BIP. Schon morgen wolle man darüber mit Kanzlerin Merkel verhandeln.
Nun also doch. Nachdem man ja erst offiziell gemeint hatte, Österreichs Banken seien gar nicht so sehr betroffen, weil nicht in dem Maß in riskanten Derivatmärkten engagiert, hatte man dann doch – quasi vorbeugend – ein 100-Milliarden-Paket geschnürt. Und nun reicht das offenbar auch nicht mehr. Jetzt muss noch mehr geholfen werden.

Überhaupt ist derzeit Aktionismus angesagt in der Regierung. Kein Tag vergeht, ohne dass irgendeine Maßnahme angekündigt wird. Plan scheint dabei keiner vorhanden zu sein. Die Verschrottungsprämie für Altautos hilft am allerwenigsten der österreichischen Wirtschaft, päppelt aber das Gemüt von Herrenfahrern auf. Und nun soll also österreichisches Steuergeld für den osteuropäischen „Kreditschock“ verwendet werden.
Kein Wort allerdings auch diesmal von irgendwelchen Konsequenzen im bzw. mit System. Ein kurzer Vergleich: Auch Obama hilft „seinen“ US-Banken, kündigt aber zugleich wesentlich strengere Regeln für die Finanzbranche an.

Es ist, als würde diese globale Finanz- und Wirtschaftskrise wie in Zeitlupe an uns vorüberziehen. Keiner redet gern darüber, doch hinter der Hand sagt jeder die nächsten Schritte voraus. Z.B.: Wie lange wird es wohl noch dauern, bis wir den Kreditkartenunternehmen helfen müssen?

Ulrich Krystek, Professor an der FH Worms, befasst sich seit Jahrzehnten mit der Genese und dem Ablauf von Krisen und den Möglichkeiten, ihnen zu begegnen. Vereinfacht dargestellt, teilt er sie in diese vier Phasen:
1. Die potentielle Krise oder den Normalzustand. Hier sollten mögliche Krisenherde identifiziert und langfristige Strategien danach ausgerichtet werden.
2. Die Frühphase, in der erste Auswirkungen sichtbar werden. Geeignete Strategien können den Ausbruch der totalen Krise noch verhindern. In dieser Phase stehen noch viele Handlungsalternativen offen, der Entscheidungsdruck ist noch gering.
3. Die akute Phase, in der bereits die zerstörerische Wirkung der Krise sichtbar wird. Zeit- und Entscheidungsdruck nehmen zu, Handlungsspielräume werden enger. Trotzdem kann noch immer gegengesteuert und die Krise bewältigt werden.
4. In der Finalphase gerät das Geschehen außer Kontrolle, der Zeitdruck wird immer größer, getroffene Maßnahmen verpuffen, die Krise ist kaum noch zu steuern und die Ziele geraten außer Reichweite.

Gemessen an den spürbaren Auswirkungen in der Realität, befinden wir uns an sich nach dieser Kategorisierung in Phase 2. (All jene, die große Verluste an der Börse hinnehmen mussten, mehr noch aber jene, die bereits von Kurzarbeit betroffen sind oder gar ihren Job verloren haben, mögen mir diese Einschätzung verzeihen.) Doch ohne eine klare Perspektive – und die ist in der Regierungspolitik nicht erkennbar – wird es bald enger werden. Dabei wäre die Finanzkrise – würde sie nicht nur als Ausrede für blinden Aktionismus und Klientelpolitik genutzt – ein Anlass, auch endlich die wesentlich bedrohlichere Krise mit beherzter Politik anzugehen: die Klimakrise. Die Pläne dafür gibt es und sie wären – mit Kosten von weniger als 1% des globalen BIB – auch leichter finanzierbar als der osteuropäische „Kreditschock“.