Freitag, Juni 19, 2009

Lichtblick


Ein Lichtblick war gestern die Lichterkette vor dem Parlament, organisiert von den beiden Studentinnen Romy Grasgruber und Maria Sofaly, bei der sich 3500 Menschen (plus weitere 600 in Graz) einfanden, um gegen das zunehmend aggressive rechte Klima im Land einzutreten. Ebensee, Graf, eine immer größere Gleichgültigkeit gegenüber politischen Aussagen von ganz rechts außen, die früher - genauer gesagt: vor schwarz-blau - wohl noch zum Rücktritt der betreffenden PolitikerInnen geführt hätten. Seit aber Schüssel diese rechten Rülpser legitimiert hat, nur um dafür auf den Kanzlersessel klettern zu dürfen, gleitet das Land immer weiter ab.
Ich hoffe sehr, dass diese Demonstration gestern ein erster Schritt zurück in die politische Normalität war.
Dass Graf, Strache und Co sich davon beeindrucken lassen, ist ja nicht zu erwarten. Aber je mehr Menschen klar machen, dass ihnen Demokratie, Toleranz, Anstand wichtige Werte sind, die sie zu verteidigen bereit sind, umso eher ist Hoffnung gegeben, dass SPÖ und ÖVP mit ihrer Anbiederung an den rechten Rand aufhören und sich endlich wieder darauf besinnen, welche Werte eine demokratische Partei vertreten sollte.

Dienstag, Juni 16, 2009

Nagelprobe

An sich hatte ich nicht vor, schon so bald wieder über Parteiinterna zu posten, doch die Lektüre der Anträge für die Landesversammlung der Wiener Grünen am kommenden Sonntag treibt mich dazu. Diese Anträge übertreffen alles, was bisher über die Unfähigkeit der Wiener Grünen, mit der Initiative Grüne Vorwahlen umzugehen, geschrieben wurde. Und es wird auch klar, warum ein großer Teil von Anträgen auf den Tag danach verschoben wurde: Denn diese Landesversammlung wird entscheiden, ob die bisherigen Wahlrechte der UnterstützerInnen durch eine Statutenreform abgeschafft werden.

Der Antrag, eingebracht von der Bezirkekonferenz lautet, "UnterstützerInnen haben ... gleiche Rechte ... aber kein ... aktives Wahlrecht in Punkt 10.2.6 a,b,c,d,e,f,g,h,i,j,k,l,m,n,o,p,q."

Zu deutsch soll damit das Mitbestimmungsrecht für alle wählbaren Funktionen ausgesetzt werden, konkret wie schon bisher für:
a = Landesvorstand
b = Kooptierungen in den Landesvorstand
c = "Wahl der Mitglieder zur Kontrolle"
d = "Bestätigung der Kooptierung zur Kontrolle"
e = Landeskonferenz
f = Delegierte zur Bundeskonferenz
g = (Ersatz-)Delegierte für den erweiterten Bundesvorstand
i = GeschäftsführerIn
j = Misstrauensantrag gegen GeschäftsführerIn
Für diese parteiinternen Funktionen hatten UnterstützerInnen schon bisher kein Stimmrecht. Nun sollen folgende weitere Funktionen dazukommen:
k = Wahl der KandidatInnen zur Wiener Gemeinderatswahl
l = Bestätigung der vom Rathausklub vorgeschlagenen StadträtInnen (für den Fall einer Abweichung von der gewählten Liste)
m = Wahl der BundesrätInnen
n= Streichung von Personen von der Grundmandatsliste bei der Nationalratswahl bzw. Wiener Gemeinderats- und Landtagswahl
o = Bestätigung der von der Landeskonferenz vorgeschlagenen Grünen StadträtInnen
p = Wahl der Reststimmenliste für die Nationalratswahl
q = Wahl der Grundmandatsliste für die Nationalratswahl.

Und das war's dann auch, denn mehr wählbare Funktionen gibt es nicht.
Die wörtlichen Formulierungen für die Wahlrechte und die bisher noch gültigen Statuten findet man hier: Statuten Grüne Wien

Ein weiterer Antrag, eingebracht "mehrheitlich vom Landesvorstand" sieht vor, das aktive Wahlrecht der UnterstützerInnen auf Bezirkeebene abzuschaffen ("§ 5.7.3. streichen") und begründet dies damit, dass "auf Grund des plötzlichen sehr starken Anstiegs der Ansträge auf Aufnahme als UnterstützerIn [...] in manchen Bezirken die Situation eintreten [kann], dass gut organisierte Gruppen erheblichen Einfluss auf die Bezirkslistengestaltung nehmen. Da die Bezirksgruppen auf Grund ihrer relativ niedrigen Mitglieder- und AktivistInnenzahl für derartige Versuche in vollständig anderer Art und Weise anfällig sind als die Landesorganisation, ist gegen den Missbrauch des Statuts im Bereich der Bezirke Vorsorge zu treffen."

Ich habe es vor ein paar Tagen schon geschrieben: Eine Partei, die so agiert, will offensichtlich klein und unter sich bleiben. Mitsprache wird ganz offensichtlich nur so lange akzeptiert, solange sie keine Änderung bewirkt. Sollte jedoch durch eine Öffnung auch nur die leiseste Kurskorrektur nötig werden, schafft man lieber die Mitsprache ab.

Dass die KaderfunktionärInnen, die diese Anträge einbringen, die Chuzpe besitzen, den UnterstützerInnen einen "Missbrauch des Status" vorzuwerfen, ist aus meiner Sicht schon eine unglaubliche Frechheit. Denn wenn hier jemand Missbrauch betreibt, dann die derzeit in den Funktionen befindlichen Personen, die - um die eigene "Macht" abzusichern - alte Prinzipien der Grünen über Bord werfen, die Luken dicht machen und die Partei (oder was davon übrig bleibt) endgültig von ihren (potentiellen) WählerInnen abschotten.

Der kommende Sonntag ist die Nagelprobe für die Grünen in Wien. Sollten sich die Kader durchsetzen, hat sich die gesamte Initiative Grüne Vorwahlen erübrigt und die Kader können einen Sieg feiern. Denn es wird kaum mehr jemand Interesse haben, sie dann noch zu unterstützen. Dann dürfen sie in Zukunft getrost unter sich bleiben.

Freitag, Juni 12, 2009

Sicher - nicht so!


Die Schotter-Mitzi im Innenministerium will Österreich also zum sichersten Land der Welt machen. Dabei setzt sie auf eine Verschärfung im Asylrecht, um - wie die Presse schreibt - Asylmissbrauch zu verhindern.
Dass hier der Eindruck erweckt wird, Asylmissbrauch sei ein schwerwiegendes Verbrechen das die Sicherheit im Land gefährdet, fällt in der Diskussion kaum mehr auf. Österreich hat sich schon daran gewohnt, nur noch die - verfassungswidrigen - Details dieser Unmenschlichkeiten zu diskutieren. Daher eine grundsätzliche Anmerkung: Was hier de facto praktiziert wird, ist nicht "Härte gegen Asylmissbrauch", sondern "Härte gegen Asylwerber". Denn auf einen allfälligen Nachweis eines Missbrauchs will man ja gar nicht mehr warten. Getroffen werden davon in erster Linie nicht "Verbrecher", sondern Menschen, die ohnehin schon in großer Not sind.

Die Partei der Innenministerin ist nicht - wie EU-Spitzenkandidat Strasser jüngst im TV mit sauertöpfischer Miene meinte - ein Bollwerk gegen rechts, sondern jene Kraft, die all ihre Legitimation dafür einsetzt, rechte und menschenverachtende Politik - auch außerhalb der Verfassung - im Land zu legitimieren und vielfach auch durchzusetzen. Auch unter dem pseudoliberalen Obmann Pröll schiebt sie den legendären Verfassungsbogen immer weiter weg von der Mitte, in Bereiche, die in einer Demokratie nicht mehr akzeptabel sein sollten.

Die geplante Lichterkette rund um das Parlament am 18. Juni um 19h sollte sich daher nicht gegen den 3. Parlamentspräsidenten Graf wenden (der kapiert es sowieso nie), sondern in erstre Linie gegen die Partei, die ihn (neben der SPÖ auch) erst ermöglicht hat, ihn immer noch stützt und eine Politik betreibt, die genauso skandalös ist: die ÖVP. Bitte hingehen.

Donnerstag, Juni 11, 2009

Zu viel Unterstützung?

Es ist zum Haare raufen. Da gibt es eigentlich erstmals seit der "Wende" (schwarz-blau) wieder einen wahren Run zu den Grünen und dann schmeißt man den Leuten die Tür vor der Nase zu. Der Umgang des Wiener Landesvorstandes mit den UnterstützerInnen aus der Initiative Grüne Vorwahlen ist in mehrfacher Hinsicht problematisch:

Erstens - das ist fast noch das geringste Problem – wurde entsetzlich schlecht kommuniziert. Wenn der Landesvorstand und die traditionellen FunktionärInnen schon verschreckt sind, weil plötzlich so viele mitreden wollen, sollten sie wenigstens positiv-offensiv auf diese Menschen zugehen, sagen: "Hallo, fein, dass ihr da seid. Versteht bitte, dass wir mit einer Pauschalaufnahme von hunderten Neuen ein bisserl ein Problem haben. Aber wir finden die Idee super und lasst uns doch gemeinsam überlegen, wie wir sie bestmöglich umsetzen." Der Zusatzvorteil wäre: Dabei lernt man einander auch gleich besser kennen.
Aber nein. Statt dessen hieß es für die VorwählerInnen: Warten ohne Antwort, während man intern (geheim) über Statutenauslegung diskutierte. Heute gab es dann für etliche InteressentInnen eine Absage nach Kriterien, die nur für die verständlich sind, die diese Statuteninterpretationen frisch erfunden haben.

Zweitens, das geht klar aus der Begründung hervor, bleiben die Grünen – zumindest unter der derzeitigen "Führung" – lieber eine kleine Partei. Wenn es – wie Landesgeschäftsführer Robert Korbei sagt – zu einem "Hauptproblem" wird, dass das Statut "die Teilhabe betont", ist damit endgültig offenbar, dass hier ein unseliger Geist herrscht. Die schlechte Kommunikation war also keine Panne, sondern eigentlich logisch, systemimmanent. Es gibt offensichtlich gar kein echtes Interesse, neue und möglicherweise anders (frischer) Denkende "rein" zu holen. Die könnten wohl zu viel durcheinander bringen.
Genommen werden nun offenbar nur jene, wo man schon bestehende Bezugspunkte festmachen kann. Wer niemand kennt, keine vorzeigbare Vita zu "grünen Themen" vorweisen kann, muss draußen bleiben.
Hätte nur noch gefehlt, dass man einen grünen Sammelpass verlangt, in dem man jede Demo-Teilnahme von der zuständigen Bezirksgruppe abstempeln lassen kann wie ein Bergwanderer seine Gipfelsiege beim Alpenverein.

Drittens haben die Wiener Grünen – bzw. jene, die sich mit ihrer Ansicht durchgesetzten – haben schlicht das Potential, das in dieser Aktion steckt, nicht einmal im Ansatz verstanden. Sie stehen sich mit ihrer Innensicht selbst im Weg. Vorstandsmitglied Markus Rathmayer sprach in einer Podiumsdiskussion von den notwendigen Grenzen nach Außen, von der Wichtigkeit eines "Wir-Gefühls" in der Funktionärsschicht. Damit beschreibt er die aktuelle Realität. Wenn Grüne unter sich sind, reden sie von einem "Wir" - das sind die KollegInnen im Klub, in der Partei - und den "Menschen draußen", denen man "grüne Themen und Positionen noch besser erklären" müsse. Doch "die da draußen" verstehen sie schon lange nicht mehr.
Themen sind Themen, weil sie den Menschen unter den Nägeln brennen und nicht weil grüne FunktionärInnen sie für wichtig erklären. Und wenn David Ellensohn verlangt, die VorwählerInnen sollten doch erst mal dort mitmachen, wo er es wichtig findet – bei den Antifa-Demos, den Menschenketten – statt "nur über Politik zu reden" (zu bloggen?), klingt er - tut mir leid David - einfach wie der letzte Apparatschik aus dem vorigen Jahrhundert, jedenfalls nicht wie ein Politiker, der verstanden hat, worum es geht. Nämlich nicht "nur um Sex, Geld und Macht", wie David meint, sondern um moderne, zeitgemäße Teilhabe an politischen Prozesse, um Transparenz und um eine Weiterentwicklung der demokratischen Strukturen.

Unterm Strich bleibt der Eindruck, dass diese derzeitige Wiener Grüne Partei ein Grüppchen von Menschen ist, das sich ängstlich an seine (kitzekleine) Macht klammert. Das mit Verfahrenstricks, die nicht durch Statuten gedeckt sind, interessierte und aktive Menschen außen vor hält um für sich das alleinige Recht zur Interpretation in Anspruch zu nehmen, was "richtige" grüne Politik sei.
Diese Darstellung tut vielen Menschen Unrecht, die sich bei den Grünen engagieren. Das weiß ich. Doch wenn diese nicht lauter ihre Meinung sagen als bisher, ist die Gefahr gegeben, dass sich die Kräfte bei den Grünen durchsetzen, die diese politische Bewegung zu einer dogmatischen Kaderpartei machen wollen.

PS: Ein Gutes hat die Sache doch. Ich hab endlich wieder meinen vernachlässigten Blog aktiviert.