Donnerstag, August 07, 2008

Wahlkampfthemen

Die ersten Wahlplakate sind also präsentiert und was wir sehen ist die Fortsetzung des bisherigen Stücks mit (etwas) anderen Mitteln. SPÖ ("Genug gestritten") und ÖVP ("Es reicht") distanzieren sich von ihrer eigenen Streit(un)kultur, nicht ohne gleichzeitig dem jeweils anderen die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben. Auch ein Fortschritt: Aus der Sandkiste zum Schwarz-Peter-Spiel.
BZÖ und FPÖ streiten derweil um den Sieg in der Kategorie Retro-Politik. Im Rennen: ein alter Kandidat gegen einen alten Slogan.
Auch die Grünen werden - zurück aus dem Urlaub - demnächst ihre ersten Plakate präsentieren. Auch da wird das Thema Streit in der Politik eine Rolle spielen.

Streit an sich wäre ja ein wichtiges gestalterisches Element der Politik und damit durchaus positiv. An Stelle ernsthafter Auseinandersetzungen ist aber ein politisches Schauboxen getreten, Emotionen und Haltungsnoten sind wichtiger als Ergebnisse.

Denn auf die Fomulierung einer langfristigen Strategie für Österreich wartet man von allen derzeit vergebens. An Inhalten bekommen wir - wenn überhaupt - eher isolierte Einzelvorhaben (wichtige, weniger wichtige und bizarre) präsentiert. Ob die Parteien ihre Vorschläge auf Basis eines Masterplans, eine langfristig orientierten, nachhaltigen Strategie entwickeln, darüber schweigen sie sich aus. Entweder, sie halten sie für hinreichend bekannt oder - das drängt sich eher auf - sie haben selbst kein entwickeltes Bewusstsein dafür (mehr). Statt sich über eine Strategie für Österreich auseinander zu setzen, diskutieren wir über Koalitionsgeplänkel.

Interessanter wäre es, mal zu wissen, welche Bereiche im Land außer Streit gestellt werden könn(t)en. Gibt es einen Konsens, dass wir uns vom Erdöl unabhängig machen wollen? Muss wirklich darüber gestritten werden, ob Bildung eine zentrale Zukunftsfrage für das Land ist? Soll das soziale Netz auch im Jahr 2020 noch halten? Welche Konzepte verfolgen wir für die langfristige Absicherung des Wirtschaftsstandortes?

Das klingt jetzt auf den ersten Blick vielleicht naiv und oberflächlich. Doch glaube ich an die motivierende Kraft eines Grundkonsenses für ein politisches System. Solange es einen Wiederaufbau-Konsens gab in der Nachkriegszeit und den EU-Beitritts-Konsens, war dies - bei allen politischen Auseinandersetzungen - eine verbindende Klammer. Diese gemeinsame politische Vision fehlt derzeit. Kein Wunder, dass sich dann jede tagespolitische Detailfrage zum großen Drama entwickeln kann. Eine so verfasste Politik biete jedoch einen hervorragenden Nährboden für Populisten aller Schattierungen, die außer Protest und Zwietracht für das Land nichts zu bieten haben.

Bleibt zu hoffen, dass die Zeit bis zum Wahltag noch genutzt wird, um über eine mittel- bis langfristige Strategie für Österreich zu reden und die angebotenen Konzepte auch einem Realitätscheck zu unterziehen. Denn wenn man weiß, wo man mittelfristig hin will, kann man auch leichter beurteilen, ob in der einen oder anderen Sachfrage ein Kompromiss ok geht oder nicht. Und diese Klarheit sollten wir erreichen, bevor wir in der Wahlzelle unser Kreuz machen und auch, bevor Koalitionsverhandlungen beginnen.

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