Nach mehreren Wochen Blogger-Pause hat mir die ZiB soeben den Anlass geliefert, endlich wieder mal auch hier aktiv zu werden. Die Krise erfordere – so sinngemäß Kanzler und Vizekanzler – nun auch ein Eingreifen in den Volkswirtschaften Zentral- und Osteuropas. Österreichs Banken seien ja der größte Kreditgeber in diesen Ländern und bei vielen Krediten könne man nun nicht sicher sein, dass die Gelder zurückgezahlt werden könnten. Es geht um 230 Milliarden Euro, 70 % des österreichischen BIP. Schon morgen wolle man darüber mit Kanzlerin Merkel verhandeln.
Nun also doch. Nachdem man ja erst offiziell gemeint hatte, Österreichs Banken seien gar nicht so sehr betroffen, weil nicht in dem Maß in riskanten Derivatmärkten engagiert, hatte man dann doch – quasi vorbeugend – ein 100-Milliarden-Paket geschnürt. Und nun reicht das offenbar auch nicht mehr. Jetzt muss noch mehr geholfen werden.
Überhaupt ist derzeit Aktionismus angesagt in der Regierung. Kein Tag vergeht, ohne dass irgendeine Maßnahme angekündigt wird. Plan scheint dabei keiner vorhanden zu sein. Die Verschrottungsprämie für Altautos hilft am allerwenigsten der österreichischen Wirtschaft, päppelt aber das Gemüt von Herrenfahrern auf. Und nun soll also österreichisches Steuergeld für den osteuropäischen „Kreditschock“ verwendet werden.
Kein Wort allerdings auch diesmal von irgendwelchen Konsequenzen im bzw. mit System. Ein kurzer Vergleich: Auch Obama hilft „seinen“ US-Banken, kündigt aber zugleich wesentlich strengere Regeln für die Finanzbranche an.
Es ist, als würde diese globale Finanz- und Wirtschaftskrise wie in Zeitlupe an uns vorüberziehen. Keiner redet gern darüber, doch hinter der Hand sagt jeder die nächsten Schritte voraus. Z.B.: Wie lange wird es wohl noch dauern, bis wir den Kreditkartenunternehmen helfen müssen?
Ulrich Krystek, Professor an der FH Worms, befasst sich seit Jahrzehnten mit der Genese und dem Ablauf von Krisen und den Möglichkeiten, ihnen zu begegnen. Vereinfacht dargestellt, teilt er sie in diese vier Phasen:
1. Die potentielle Krise oder den Normalzustand. Hier sollten mögliche Krisenherde identifiziert und langfristige Strategien danach ausgerichtet werden.
2. Die Frühphase, in der erste Auswirkungen sichtbar werden. Geeignete Strategien können den Ausbruch der totalen Krise noch verhindern. In dieser Phase stehen noch viele Handlungsalternativen offen, der Entscheidungsdruck ist noch gering.
3. Die akute Phase, in der bereits die zerstörerische Wirkung der Krise sichtbar wird. Zeit- und Entscheidungsdruck nehmen zu, Handlungsspielräume werden enger. Trotzdem kann noch immer gegengesteuert und die Krise bewältigt werden.
4. In der Finalphase gerät das Geschehen außer Kontrolle, der Zeitdruck wird immer größer, getroffene Maßnahmen verpuffen, die Krise ist kaum noch zu steuern und die Ziele geraten außer Reichweite.
Gemessen an den spürbaren Auswirkungen in der Realität, befinden wir uns an sich nach dieser Kategorisierung in Phase 2. (All jene, die große Verluste an der Börse hinnehmen mussten, mehr noch aber jene, die bereits von Kurzarbeit betroffen sind oder gar ihren Job verloren haben, mögen mir diese Einschätzung verzeihen.) Doch ohne eine klare Perspektive – und die ist in der Regierungspolitik nicht erkennbar – wird es bald enger werden. Dabei wäre die Finanzkrise – würde sie nicht nur als Ausrede für blinden Aktionismus und Klientelpolitik genutzt – ein Anlass, auch endlich die wesentlich bedrohlichere Krise mit beherzter Politik anzugehen: die Klimakrise. Die Pläne dafür gibt es und sie wären – mit Kosten von weniger als 1% des globalen BIB – auch leichter finanzierbar als der osteuropäische „Kreditschock“.
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