An sich hatte ich nicht vor, schon so bald wieder über Parteiinterna zu posten, doch die Lektüre der Anträge für die Landesversammlung der Wiener Grünen am kommenden Sonntag treibt mich dazu. Diese Anträge übertreffen alles, was bisher über die Unfähigkeit der Wiener Grünen, mit der Initiative
Grüne Vorwahlen umzugehen, geschrieben wurde. Und es wird auch klar, warum ein großer Teil von Anträgen auf den Tag danach verschoben wurde: Denn diese Landesversammlung wird entscheiden, ob die bisherigen Wahlrechte der UnterstützerInnen durch eine Statutenreform abgeschafft werden.
Der Antrag, eingebracht von der
Bezirkekonferenz lautet, "UnterstützerInnen haben ... gleiche Rechte ... aber kein ... aktives Wahlrecht in Punkt 10.2.6 a,b,c,d,e,f,g,h,i,j,k,l,m,n,o,p,q."
Zu deutsch soll damit das Mitbestimmungsrecht für alle wählbaren Funktionen ausgesetzt werden, konkret wie schon bisher für:
a = Landesvorstand
b = Kooptierungen in den Landesvorstand
c = "Wahl der Mitglieder zur Kontrolle"
d = "Bestätigung der Kooptierung zur Kontrolle"
e = Landeskonferenz
f = Delegierte zur Bundeskonferenz
g = (Ersatz-)Delegierte für den erweiterten Bundesvorstand
i = GeschäftsführerIn
j = Misstrauensantrag gegen GeschäftsführerIn
Für diese parteiinternen Funktionen hatten UnterstützerInnen schon bisher kein Stimmrecht. Nun sollen folgende weitere Funktionen dazukommen:
k = Wahl der KandidatInnen zur Wiener Gemeinderatswahl
l = Bestätigung der vom Rathausklub vorgeschlagenen StadträtInnen (für den Fall einer Abweichung von der gewählten Liste)
m = Wahl der BundesrätInnen
n= Streichung von Personen von der Grundmandatsliste bei der Nationalratswahl bzw. Wiener Gemeinderats- und Landtagswahl
o = Bestätigung der von der Landeskonferenz vorgeschlagenen Grünen StadträtInnen
p = Wahl der Reststimmenliste für die Nationalratswahl
q = Wahl der Grundmandatsliste für die Nationalratswahl.
Und das war's dann auch, denn mehr wählbare Funktionen gibt es nicht.
Die wörtlichen Formulierungen für die Wahlrechte und die bisher noch gültigen Statuten findet man hier:
Statuten Grüne WienEin weiterer Antrag, eingebracht "mehrheitlich vom Landesvorstand" sieht vor, das aktive Wahlrecht der UnterstützerInnen auf Bezirkeebene abzuschaffen ("§ 5.7.3. streichen") und begründet dies damit, dass "auf Grund des plötzlichen sehr starken Anstiegs der Ansträge auf Aufnahme als UnterstützerIn [...] in manchen Bezirken die Situation eintreten [kann], dass gut organisierte Gruppen erheblichen Einfluss auf die Bezirkslistengestaltung nehmen. Da die Bezirksgruppen auf Grund ihrer relativ niedrigen Mitglieder- und AktivistInnenzahl für derartige Versuche in vollständig anderer Art und Weise anfällig sind als die Landesorganisation, ist gegen den Missbrauch des Statuts im Bereich der Bezirke Vorsorge zu treffen."
Ich habe es vor ein paar Tagen schon geschrieben: Eine Partei, die so agiert, will offensichtlich klein und unter sich bleiben. Mitsprache wird ganz offensichtlich nur so lange akzeptiert, solange sie keine Änderung bewirkt. Sollte jedoch durch eine Öffnung auch nur die leiseste Kurskorrektur nötig werden, schafft man lieber die Mitsprache ab.
Dass die KaderfunktionärInnen, die diese Anträge einbringen, die Chuzpe besitzen, den UnterstützerInnen einen "Missbrauch des Status" vorzuwerfen, ist aus meiner Sicht schon eine unglaubliche Frechheit. Denn wenn hier jemand Missbrauch betreibt, dann die derzeit in den Funktionen befindlichen Personen, die - um die eigene "Macht" abzusichern - alte Prinzipien der Grünen über Bord werfen, die Luken dicht machen und die Partei (oder was davon übrig bleibt) endgültig von ihren (potentiellen) WählerInnen abschotten.
Der kommende Sonntag ist die Nagelprobe für die Grünen in Wien. Sollten sich die Kader durchsetzen, hat sich die gesamte Initiative Grüne Vorwahlen erübrigt und die Kader können einen Sieg feiern. Denn es wird kaum mehr jemand Interesse haben, sie dann noch zu unterstützen. Dann dürfen sie in Zukunft getrost unter sich bleiben.