Mittwoch, August 05, 2009

Zu wenig Energie


Ungefähr 1500 "Gewinner" wird die gestern veranstaltete Lotterie um Photovoltaik-Förderung in Österreich ausweisen. 7000 Antragsteller konnten trotz überlastetem Server Ihre Anträge einreichen, um einen Teil der 18 Mio. € Fördermittel für ihr Projekt zu ergattern. Im Vorjahr waren binnen 18 Minuten 9 Mio. auf 820 Projekte verteilt. Formal läuft die Antragsfrist ja noch bis November, de facto war das Fördervolumen binnen weniger Stunden ausgeschöpft. Genauer gesagt: es ist um 350 Prozent überzeichnet (sh. Grafik). In der Steiermark wurde sogar beinahe die neunfache Summe eingereicht, als letztlich bewilligt werden kann. Und in diesen Zahlen sind jene, die am überlasteten Server scheiterten und gar nicht dazu kamen, ihre Projekte zu platzieren, noch gar nicht eingerechnet.

Dies ist in mehrfacher Hinsicht ärgerlich:
Für die Projektbetreiber bedeutet die Vorgangsweise, dass sie das ganze Jahr über im Ungewissen sind, ob es ihnen gelingen wird, in dem wenige Stunden langen Zeitfenster ihr Projekt zu platzieren um es so mit Glück vielleicht realisieren zu können. So kann man vielleicht Tickets für eine Fußballmeisterschaft vergeben, nicht aber Fördermittel für Projekte, denen eine genaue Planung und Kalkulation zugrunde liegt. Nicht zuletzt wegen dieser unzumutbaren Bedingungen haben wir diese Vergabe auch seitens der Grünen Wirtschaft kritisiert. Ein Fördermodell über gestützte Einspeisetarife wäre allemal fairer.
Die bereit gestellten Mittel sind viel zu gering. Das zeigt nicht nur der Andrang – es könnten wesentlich mehr Projekte realisiert werden – sondern auch die im internationalen Vergleich lächerlich geringen Investitionen in Strom aus Photovoltaik in Österreich. Tschechien beispielsweise rechnet heuer mit der Neuinstallation von 100 MWp Leistung, Deutschland mit etwa 2000, in Österreich hofft man, heuer erstmals die 10 MWp-Grenze zu übertreffen. 2008 wurden Neuanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 3 MWp installiert, weniger als die Hälfte des Jahres 2003 und nur 1/50 des deutschen Zubaus – verglichen pro Kopf, wohlgemerkt.

Nicht viel anders sieht es bei Windenergie aus. "Dank" des Ökostromgesetzes von 2006 wurden im Jahr 2007 wurden nur zehn Windkraftanlagen mit insgesamt 19,5 MW und im Jahr 2008 lediglich sieben Anlagen mit insgesamt 14 MW errichtet. 2003 bis 2006 lag man bereits bei durchschnittlich 100 Anlagen mit 200 MW pro Jahr. "Mit der aktuellen Ausbaugeschwindigkeit benötigen wir 50 Jahre, um das Ökostromgesetz-Ziel von 700 MW Windkraft zu erreichen, das dort für 2015 vorgesehen ist. Die sieben Terawattstunden, die wir zur Erfüllung des EU-Zieles im Jahr 2020 brauchen, wären erst in 180 Jahren erreicht", kritisierte Mag. Stefan Hantsch, Geschäftsführer der IG Windkraft, bei der Präsentation der Jahresbilanz 2008.

Während in Deutschland der Markt für Erneuerbare Energien "täglich 80 neue Arbeitsplätze" schafft, steckt in Österreich noch immer viel zu wenig Energie in dem Thema. Es sind private Initiativen von engagierten UnternehmerInnen und von privaten Haushalten, die das Thema Erneuerbare Energie vorantreiben. Die Politik zaudert. Die zuständigen Minister Berlakovic und Mitterlehner haben mit der "Energeistrategie Österreich" Zielvorgaben gesetzt, die hinter den EU-Vorgaben zurückbleiben. Die Umweltorganisationen Greenpeace, WWF und Global 2000 protestierten. Bis Oktober, rechtzeitig vor der Klimakonferenz in Kopenhagen, sollen die Arbeitsgruppen konkrete Ergebnisse liefern. Derzeit lässt aber nichts darauf schliessen, dass seitens der Bundesregierung mehr Energie in eine Energiewende gesteckt würde. Wer weiß, vielleicht braucht es im Winter wieder verschlossene Gashähne in Rußland, um ein Umdenken zu bewirken, wenn schon Arbeitsplatzargumente, offensichtlich vorhandenes Engagement in Bevölkerung und Privatwirtschaft und international verpflichtende Klimaschutzziele nicht ausreichen, den Retro-Politikern in der Bundesregierung auf die Sprünge zu helfen.

1 Kommentar:

  1. Ich sehe 2 Möglichkeiten diesen deadlock beim Ökostromausbau und beim Klimaschutz zu überwinden:
    1) mehr direkte Demokratie. Die Bevölkerung, konkret der Stromkonsument kennt im Normallfall weder seinen jährlichen Stromverbrauch, seine Stromrechnung noch wie viel davon für Ökostromaufschlag oder Zählpunktpauschale zu zahlen ist.
    Die stromintensive Industrie kennt ihre Stromrechnung genau und begehrte 2005 eine Novelle des bis dahin gut funktionierenden Ökostromgesetzes und bekam sie auch.
    Eine klare Mehrheit der Bevölkerung ist aus ökologischen Motiven und wegen der relativ geringen Kostenbelastung (völlig wider dem was AK und ÖGB behaupten) für den beschleunigten Ausbau von Ökostrom, auch dann wenn man sie auf die Mehrkosten beim Strompreis hingewiesen wird. Daher:
    Wenn wir 1978 über 4-6% der Österreichischen Primörenrgie (Zwentendorf) abgestimmt haben warum nicht über eine in Zukunft größere Energie(Strom)menge erneut die Bevölkerung in einer Volksabstimmung entscheiden lassen.

    2) die grünen und "hell"grauen Industrien, die die möglichen Gewinner einer kohlenstoffarmen Wirtschaftsweise darstellen würden, verstecken sich und lassen die fossilen Betriebe die Linie von IV, WKO, VEÖ, AK und ÖGB vorgeben.
    Diese Sozialpartnerschaft gegen die Energiewende verhindert EEG ähnliche Ökostromgesetze so wie Ökologische Steuerreformen.
    Es braucht daher eine übersektorale Allianz der Wirtschaft und von "grünen" Belegschaften, die sich zu Klimaschutzzielen und den wichtigsten Klimaschutzinstrumenten bekennen wie Ökosteuern, Einspeisegesetze, Kostenwahrheit im Verkehr etc.
    So eine Wirtschaftsinitiative wäre weit wichtiger als PR-orientierte Preisverleihungen und kleinere Ökoprojekte zur Imagepflege.

    mit sonnigen Grüßen

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