Samstag, August 16, 2008

Aus dem Elfenbeinturm

Volker Plass hat angekündigt, sich um ein grünes Mandat für den Nationalrat zu bewerben. Ein spannender und auch mutiger Schritt, schätzt er doch im Standard selbst die Chancen, am 7. September vom Bundeskongress auf einen wählbaren Listenplatz gewählt zu werden, auf „unter 50 Prozent“.
Plant der Bundessprecher der Grünen Wirtschaft eine vorhersehbare Niederlage?

Dazu muss man sehen, dass die internen Vorwahlen, mit denen die Grünen ihre Listen für Wahlen erstellen, einen gravierenden Nachteil haben: Sie blockieren à la longue die Erweiterung des personellen Angebotes, da die wählende Parteibasis – zumindest bisher – stets jenen personellen Angeboten den Vorzug gibt, die die Bedürfnisse der Stammwählerschaft und Funktionärskreise besser verkörpern. Schon öfters sind KandidatInnen bei internen Vorwahlen gescheitert, weil sie sich zu wenig bei parteiinternen Veranstaltungen blicken ließen und den Kontakt zur „Basis“ vernachlässigt hatten. Und bei allen Lorbeeren, die Volker Plass verdient – ein Angebot an traditionelle Kernwähler- und FunktionärInnen der Grünen ist er nicht.

Die Grüne Wirtschaft ist ja von Beginn an ein – überaus erfolgreiches – Erweiterungsprojekt für grüne Politik in Österreich. Und wenn man sich ein paar Schritte aus dem grünen Kernspektrum hinauswagt, sieht die Welt auch gleich ganz anders aus. Seit klar ist, dass diesen September gewählt wird, wurde ich fast täglich gefragt, ob ich zur Wahl antrete resp. die Grüne Wirtschaft KandidatInnen stellen wird. Viele Menschen in der Wirtschaft (nahe liegender Weise bei mir vor allem aus der Werbebranche), Medien, MitarbeiterInnen in der WKO ... für sie erscheint es völlig logisch und eigentlich unverzichtbar für die Grünen, das Potential, das die Grüne Wirtschaft wahlstrategisch mitbringt, zu nutzen.

Die Grüne Partei wird am 7. September mit hoher Wahrscheinlichkeit anders entscheiden. Als Niederlage muss das trotzdem nicht gewertet werden. Denn hoffentlich gelingt es durch Volkers Antreten zumindest, eine Diskussion über die Listenerstellung an sich in Gang zu bringen. Denn unabhängig von dieser einen Kandidatur könnten die Grünen ihr Potential wesentlich besser ausschöpfen, würden sie ihr personelles Angebot – und damit auch das Themenspektrum – professioneller gestalten.

Zwei wesentliche Bereiche sehe ich hier im Vordergrund: Erstens den Ausbau der Wirtschaftskompetenz, denn ein Wirtschaftsprofessor genügt nicht, um den wichtigsten aller Politikbereiche ausreichend abzudecken. Zweitens müssen die Grünen es schaffen, auch für Menschen außerhalb urbaner Zentren ein glaubwürdiges Angebot zu schaffen. Denn die zentralen Ziele der Grünen – soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und eine tolerante Gesellschaft mit hohen Bildungschancen für alle – könnten bei weit mehr Menschen ankommen als den derzeit als Plafond angesehenen 15 Prozent der Bevölkerung. Vorausgesetzt, die Grünen schaffen es, sich selbst als Partei für diese Menschen zu öffnen.

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