Dienstag, August 26, 2008

Aus Alpbach: Zum Thema CSR

Europäisches Forum Alpbach, Wirtschaftsgespräche, Panel zum Thema: „Der Beitrag der Unternehmen zu einer menschengerechten Wirtschaftsordnung“.
In der Eröffnung beklagt Christoph Lütge, Professor für Unternehmensführung an der Universität Witte/Herdecke, dass die Bemühungen der Unternehmen, gesellschaftliche Verantwortung zu zeigen, nicht genügend gewürdigt werden. Eine Studie (aus dem Jahr 2005) aus Deutschland zeige, dass zwar fast drei Viertel der Deutschen Unternehmensgewinne an sich OK fänden, aber noch deutlichere drei Viertel der Meinung sind, dass die Gesellschaft von diesen Gewinnen nicht profitiert. Da klaffe, meint er, Wirklichkeit und Wahrnehmung deutlich auseinander. Diese Aussage zu werten ist vielleicht mal ein eigenes Posting wert. Aktuell zeigen dann gleich die darauf folgenden Präsentationen: Der Grund liegt wohl darin, dass die Anstrengungen der Unternehmen (zumindest der nach Alpbach eingeladenen) nicht ausreichen und an der Sache ziemlich vorbei gehen.
Christian Baha, Gründer und Eigentümer von Superfund, ist ein Freund des Gedankens „Mens sana in corpore sano“ und erzählt stolz von der vegetarischen Kantine in seinem Unternehmen (die Idee wird nun auch als Fastfood-Kette vermarktet) und der Förderung von Sport für Mitarbeiter. Der Countrymanager aus Brasilien sei bei einem Schirennen sogar schon mal auf die Hundertstelsekunde gleich schnell gefahren wie Bode Miller. Und schließlich seien Investments grundsätzlich gut, denn dadurch würden ja Arbeitsplätze geschaffen. Zuletzt noch: Hedgefonds zu verteufeln sei falsch, denn die seien ja gar nicht groß genug, um für alles Übel auf der Welt verantwortlich sein zu können.
Georg Obermeier, CEO von T-Systems, setzt für sein Unternehmen auf „Kultur, die ein Unternehmen erfolgreich macht“, „Work-Life-Balance“ um gute Mitarbeiter zu halten und die „Unterstützung von Menschen in Arbeitsprozessen, um gemeinsam Unternehmensziele zu erreichen.“ Ja, richtig, er erwähnte auch, dass IT inzwischen in Summe 2 Prozent der CO2-Emissionen weltweit ausmacht und dass es „auch Green IT gibt“, doch mehr als einen Nebensatz ist ihm das Thema in seinem Beitrag nicht wert.
Claus Raidl (Böhler-Uddeholm) stellt 5 Thesen zur „Krise der Marktwirtschaft“ auf. Die werde ich wahrscheinlich noch ausführlicher behandeln. Nah am gestellten Thema bleibt er damit leider nicht. Und Anton Wais (Post AG) gefällt sich in Gedankenspielereien, mit denen er sich über die ATTAC-Aktion am Morgen lustig macht (sh. Bild vom Gegenhang des Alpbachtals). Zum Thema trägt er bei, welche EBIT-Steigerung die Post durch eine Erfolgsbeteiligung der MitarbeiterInnen erzielen konnte.
Zum Abschluss berichtet Staatssekretärin Marek über die Erfolge der letzten Regierungen zum Thema familienfreundliche Betriebe. Nichts Neues, nichts Wegweisendes, aber immerhin bleibt sie am nächsten von allen am eigentlich vorgegebenen Thema.
Fazit: Niemand am Podium hat sich im Ansatz mit einer Analyse der gesellschaftlichen Verflechtungen und den sozialen und ökologischen (Neben-?) Wirkungen seines eigenen Unternehmens befasst. Niemand hat sich dem Thema über zentrale soziale oder ökologische Fragen angenähert. Anstelle einer offenen, ehrlichen Auseinandersetzung mit Kritik bekommen wir nur eine pauschale Rechtfertigung zu hören, Kritik sei ja gar nicht gerechtfertigt. Und nicht einmal im Ansatz wurde die im Titel des Panels gestellte Frage beantwortet, was Unternehmen zu einer menschengerechten Wirtschaftsordnung beitragen können. (Doch: Claus Raidl hat zu Beginn seines Vortrages gesagt, den Begriff „menschengerecht“ könne man nicht definieren.)
Kein Wunder, dass die Podiumsteilnehmer den Begriff CSR daher nur als einen „Modebegriff“ sehen (Anton Wais). Doch: sie sollten sich nicht darüber wundern, dass die Menschen solchen „Bemühungen“ kein Vertrauen schenken.

Den Organisatoren von Alpbach sei noch ins Stammbuch geschrieben, dass die Diskussion wesentlich an Spannung und Reiz gewinnen würde, hätte man den Mut, auch einen kritischen Kopf aufs Podium zu setzen.

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