Auch wenn es mittlerweile schon einige Tage her ist: zwei Punkte vom Wirtschaftsforum in Alpbach erscheinen mir noch erwähnenswert. Da sind zum einen Claus Raidls fünf Punkte, mit denen er die Krise der Marktwirtschaft beschreibt:
1. Die Einkommensverteilung läuft makro- und mikroökonomisch auseinander. Seinem Lösungsvorschlag (Mitarbeiterbeteiligung) kann man in vielen Bereichen sicher einiges abgewinnen. Lösungen braucht es aber auch für jene Bereiche, die nicht der Marktwirtschaft unterworfen sind (und auch nicht unterworfen werden sollen).
2. Leute, die fremdes Geld verwalten, haben zwar hohes Upgrade-Potenzial (in Form von Boni, Aktienoptionen u.ä.), doch kein – wie er es nennt – Down-Potenzial. Anders gesagt: Auch Manager in AGs, in Banken und Fonds müssen Risiko übernehmen.
3. Die „Gier der Umverteiler“ achtet laut Raidl nur darauf, wie groß die zu verteilenden Kuchenstücke sind, nicht wie der Kuchen wachsen soll. Auch dieser These kann man bedingt zustimmen – vorausgesetzt, man bezeichnet als „Umverteiler“ nicht ausschließlich ArbeitnehmervertreterInnen sondern auch Shareholder, denen der Quartalsgewinn eines Unternehmens wichtiger ist als die langfristige Lebensfähigkeit (strategische Ausrichtung und Standortsicherung) eines Unternehmens.
4. Den von Raidl postulierten „Verlust der Politik der Mitte“ kann man derzeit im Wahlkampf beobachten. Die VP rückt nach so weit nach rechts, dass es selbst der CSU unter Franz Josef Strauß schwindlig würde, während die SP ein Füllhorn ausschüttet (oder das zumindest verspricht), ohne zu überlegen, wie dieses zu füllen ist.
5. Am Interessantesten: Bei allem Lob für die Marktwirtschaft fordert Raidl für einige Bereiche streng(er)e Regeln, einen stärkeren Staat (bzw. multilaterale Spielregeln) und zwar in erster Linie für die Finanzmärkte. Er kritisiert, dass die Gewinne der Finanzwirtschaft jede der Realwirtschaft übersteigen. Soweit, dass er eine Tobin-Tax gefordert hätte, ging er in Alpbach nicht (eine Transaktionssteuer und Spekulationssteuer forderte dagegen Vizekanzler Molterer, wenngleich er sich da sehr vorsichtig im Konjunktiv ausdrückte). Raidl würde sich mit einer Produkthaftpflicht für Ratingagenturen begnügen. Das wäre zumindest mal ein Anfang. Eine Trendwende für eine gerechtere Marktwirtschaft wäre das noch nicht, doch Stoff für eine vernünftige Diskussion hat er mit seinen fünf Punkten sicher geboten. Allein: Eine konkrete Umsetzungschance scheint derzeit nicht in Sicht.
Der zweite Punkt ist ein Gedanke aus der Rede des deutschen Universitätsprofessors Paul Kirchhoff (bekannt u.a. für seine Forderung eines einheitlichen Steuersatzes von 25%). Er postuliert Freiheit als unverzichtbare Voraussetzung für eine funktionierende Marktwirtschaft. Die Freiheit, sich für seinen eigenen Weg, die eigene Lösung zu entscheiden. Sie führt zwangsläufig zu unterschiedlichen Lösungen, mit denen ein (wirtschaftliches) Ziel erreicht werden soll (Wettbewerb). Sein Rückschluss lautet dann schlicht: „Wer die Unterschiede nicht erträgt, erträgt die Freiheit nicht“. Und das ist ein Satz, der – gerade in Österreich – viel mehr Beachtung verdienen würde. Nicht nur in wirtschaftspolitischen Zusammenhängen.
Dienstag, September 02, 2008
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